Neue Westfälische: KOMMENTAR Stasi-Debatte Falsche Signale BERNHARD HÄNEL
Bielefeld (ots)
Der Bundestag will es nicht, die Mehrheit der Ostdeutschen auch nicht und die Betroffenen sowieso nicht: Der Stasi-Check hat immer weniger Befürworter in Deutschland. Endlich einen Schlussstrich ziehen und dann möglichst viel Gras über das wachsen lassen, was die über 190.000 offiziellen und inoffiziellen Mitarbeiter des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit einst taten und was sie heute tun ist zur Mehrheitsmeinung im geeinten Deutschland geworden. Den Tätern geht es heute meist besser als denen, die Widerstand geleistet haben. Das macht wütend und das ist beschämend. Doch es ist gute deutsche Tradition, denn nicht anders sah die Aufarbeitung der NS-Diktatur in den westdeutschen Nachkriegsjahren aus. Täter wurden milder behandelt als Verweigerer. So betrachtet, darf es tatsächlich nicht überraschen, dass tausende Ex-Stasi-Mitarbeiter im öffentlichen Dienst von Bund und Ländern beschäftigt sind. Es war so gewollt. Nicht von den Opfern, aber vom Gesetzgeber. Die Gründe dafür waren vielfältig. Der häufigste wohl, nicht neue Gräben aufzureißen beim Zusammenwachsen der in den Jahren der Trennung entfremdeten beiden Landesteile. Mancher fühlte sich erinnert an den sonst eher belächelten Slogan von Johannes Rau: Versöhnen statt spalten. Da mag etwas dran sein, wenn wirklich sicher gestellt wäre, dass die Opfer die früheren Tätern zur Rechenschaft ziehen oder ihnen zumindest aus freien Stücken und nicht aus Resignation vergeben konnten. Jeder Straftäter kann nach Verjährung mit seiner Vergangenheit alleine bleiben. Eine solidarische Demokratie aber darf die Opfer nicht alleine lassen. Letzteres wäre das schlechteste Signal an die jüngere Generation. Deren natürlicher Gerechtigkeitssinn würde ausgelöscht durch eine Staatsräson der Erwachsenen, die jungen Menschen schon immer abhold war.
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