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Neue Westfälische: Neue Westfälische Bielefeld: KOMMENTAR Entsolidarisierte Gesellschaft Trotzdem weitermachen CARSTEN HEIL

Bielefeld (ots)

Wenn in diesen weihnachtlichen Tagen ein wenig
Ruhe einkehrt, lohnt ein kurzer Blick zurück. Wie hat sich 
Deutschland entwickelt in diesem Krisenjahr, vor dem alle Angst 
hatten?
Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat bisher nicht so tiefe Kratzer in
den Lack des Landes geschrappt wie viele Experten das befürchteten. 
Eine trotz zu hoher Schulden durchaus vernünftige Finanz- und 
Wirtschaftspolitik, aber vor allem die Besonnenheit von Arbeitnehmern
und Arbeitgebern, konnte bisher die größten Probleme abfedern. Die 
Arbeitslosigkeit ist nur mäßig gestiegen. Darauf kann das Land stolz 
sein.
Dennoch ist der Zusammenhalt der Gesellschaft weiter deutlich 
schlechter geworden. Dazu tragen die Krise und das Verhalten vieler 
Verantwortlicher maßgeblich bei. Immer mehr normale Menschen sagen 
sich los von "denen da oben, die uns das alles eingebrockt haben". 
Verständlich, weil vor allem die Banken weitermachen wie vor der 
Krise. Schon wieder werden alle Tricks versucht, um an das Geld der 
Sparer zu kommen. Schon wieder stecken sich Top-Banker Boni nach 
Belieben in die Tasche. Die Elite hat sich vom Volk abgekoppelt, 
fühlt sich von "denen da unten" nur noch gebremst.
Gleichzeitig haben Hartz-IV-Empfänger nichts vom 
Wirtschaftsbeschleunigungsgesetz, bei dem die schwarz-gelbe 
Bundesregierung großzügig Milliarden im Volk verteilt. Dabei ist eine
wichtige Folge der Geburt Jesu Christi, der wir Weihnachten gedenken,
das christliche Menschenbild: alle Menschen haben den gleichen Wert, 
die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten. Wenn dieses 
Menschenbild unter die Räder gerät, bröckelt das Fundament der 
Gesellschaft.
In mangelnder Wahlbeteiligung kann man die Anzeichen dafür erkennen. 
Auch in wieder zunehmender Gewalt. In Berlin werden jede Nacht Autos 
angesteckt, die Polizei hat Mühe, alle Stadtbezirke zu sichern. Eine 
ehrliche Debatte über die krassen sozialen Unterschiede und dessen 
Folgen wird in Deutschland nur sehr verquast geführt.
Der ehemalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin hat es im Herbst 
versucht und wurde dafür fast aus dem Amt bei der Bundesbank gejagt. 
Sarrazin war zu pauschal und hat fälschlich entlang religiöser und 
ethnischer Linien argumentiert. Inhaltlich hat er Recht. Längst hat 
Verwahrlosung und eine bewusste Abkoppelung ganze Bevölkerungsgruppen
erfasst. Viele - längst nicht alle - wollen gar nicht mehr 
dazugehören, wollen nur noch ihre Sozialhilfe.
Eine leichte Lösung gibt es kaum. Sozialarbeit und möglichst viel 
Verständnis für die Schwachen allein ist es jedenfalls nicht, wie 
seit Jahren zu beobachten ist.
Aufgeben ist aber nicht die Botschaft von Weihnachten. Weihnachten 
heißt: trotzdem weitermachen, auch wenn es aussichtslos erscheint.

Pressekontakt:

Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de

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