Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar zu Aschermittwoch in Bayern Die Kunst des Aufplusterns ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Bielefeld (ots)
CSU-Chef Horst Seehofer versucht die bayerische Volksseele beim politischen Aschermittwoch gleich zu Beginn mit einem populistischen Donnerschlag zu begeistern. Einwanderern soll künftig ein Bekenntnis zur deutsche Werteordnung und zur deutsche Sprache abverlangt werden. Zu diesem Zweck soll die bayerische Landesverfassung per Volksabstimmung geändert werden. Diese Projekt versteht Seehofer als Frontalangriff gegen den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan, der kürzlich türkischen Kindern in Deutschland empfahl, erst einmal Türkisch zu lernen. Der Horst wehrt sich also quasi auf Augenhöhe gegen Erdogan. Das kommt in der Passauer Dreiländerhalle prima an. Die Kunst des sich Aufplusterns war schon immer die Königsdisziplin beim Aschermittwoch. Apropos König: Seit der Abdankung des CSU-Kronprinzen Karl-Theodor zu Guttenberg steht Seehofer gezwungenermaßen wieder ganz allein auf dem bayerischen Siegertreppchen. Das Aufpumpen ist für ihn nun doppelt wichtig, schon um keinen Phantomschmerz aufkommen zu lassen. Deshalb lässt er Angela Merkel wissen, dass er auch künftig nicht vorhabe, beim Aussteigen vor dem Kanzleramt vor Ehrfurcht auf die Knie zu fallen. Doch der Saal tobt erst, als Seehofer ein Bekenntnis zu Guttenberg abgibt. Nicht weit davon entfernt lästert die SPD in Gestalt von Frank-Walter Steinmeier, dass die Union mit ihrem Festhalten an Guttenberg "Lug und Trug" zu bürgerlichen Tugenden erklären wollte. So liefert der Freiherr den Schwarzen und Roten noch einmal Stoff zur Aufregung. Doch die CSU dürfte nun bei diesem Thema ruhiger werden. Die Umfragen zeigen, dass auch die CSU-Wähler den Rücktritt des Barons mehrheitlich begrüßen. Sollten die Bayern dem Rest der Republik immer ähnlicher werden? Das wäre für Seehofer keine gute Nachricht.
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