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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Neue Regierung in Spanien Das Schlimmste kommt noch RALPH SCHULZE, MADRID

Bielefeld (ots)

Der triumphale Sieg in Spaniens Parlamentswahl war geradezu ein Spaziergang für den Konservativen Mariano Rajoy (56), den künftigen Regierungschef des südeuropäischen Landes. Die tiefe spanische Krise mit inzwischen fünf Millionen Arbeitslosen trieb ihm die Wähler in Scharen zu, ohne dass er einen Finger rühren musste - zumal der bisher regierende Sozialist José Luis Zapatero (51) vor allem durch Fensterreden und Tatenlosigkeit glänzte, Spanien so immer tiefer in die Misere ritt und seiner Partei wegen fehlender wirtschaftlicher Kompetenz die schlimmste Niederlage ihrer Geschichte bescherte. Die kommende Regierung steht jetzt vor einem harten Kampf an vielen Fronten, der unverzüglich beginnen muss. Europäische Union wie Finanzmärkte werden dem kommenden Ministerpräsidenten Rajoy keine Schonfrist einräumen, um ein überzeugendes Reform- und Sanierungsprogramm für den Schuldenstaat zu präsentieren. Dass ein Machtwechsel allein keine Besserung bringt, zeigte sich bereits am Tag nach der Wahl: Die Schuldzinsen für spanische Anleihen stiegen erneut auf eine Höhe, die kein Land lange aushalten kann. Was bedeutet, dass sich der Strick um den Hals des spanischen Euro-Risikopatienten weiter zuzieht. Es lässt sich in diesem dramatischen Szenario unschwer voraussagen, dass Spanien das Schlimmste noch vor sich hat. Rajoy wird als Erstes die Axt aus dem Schrank holen und Staatsausgaben massiv kappen müssen. Der Rotstift wird sein wichtigstes Werkzeug werden. Dies wird das bereits gebeutelte Volk hart treffen und die wankende Wirtschaft weiter abwürgen. Doch einen anderen Weg, um Schuldenberge abzubauen und Defizitziele zu erreichen, gibt es nicht. Und wenn Rajoy, der im Wahlkampf hinsichtlich seiner Rezepte zur Rettung der Nation verdächtig vage blieb, nicht schleunigst klare Signale setzt, könnte er vom Hoffnungsträger schnell zum Konkursverwalter Spaniens werden. Wie schwierig es ist, ein abstürzendes Land wieder aus dem Tal zu führen, kann man in Portugal beobachten. Dort übernahmen im Juni ebenfalls die Konservativen die Macht von den abgewählten Sozialisten, ohne dass sich die katastrophale Lage in Sachen Staatsschulden, Arbeitslosigkeit und Wirtschaft nennenswert gebessert hätte. Im Gegenteil: Es wird nun in Lissabon noch mehr gekürzt, es gehen im Land noch mehr Jobs verloren, die Wirtschaft fällt weiter ins Bodenlose, die Geldmärkte verlangen weiterhin unerträglich hohe Zinsen für neue Kredite an den maroden Staat - obwohl EU und Internationaler Währungsfonds Portugal mit einem Rettungskredit von 78 Milliarden Euro zu Hilfe kamen. Eine wenig ermutigende Erfahrung, die sich mit jener in den übrigen Euro-Krisenländern Griechenland, Irland und Italien deckt. Länder, in denen gleichfalls die nationale Misswirtschaft und kontinentale Euro-Krise Regierungen hinwegfegte. Den neuen Machthabern bleibt angesichts leerer Kassen und scharfer EU-Sparauflagen derzeit nicht mehr, als den Notstand geschickt zu verwalten.

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