Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Prozess um Tod von Arzu Özmen Fatale Fehleinschätzung MARTIN HOSTERT
Bielefeld (ots)
Mit 18 dürfe sich Arzu ja wohl ihre Freunde selbst aussuchen, hatte ihr Lebensgefährte Alexander gedacht. Was für eine Fehleinschätzung: Der Freund, den sie sich ausgeguckt hatte, passte der Familie ganz und gar nicht. Ein Mann, nicht-jesidischen Glaubens? Undenkbar. Die Familie hatte anderes mit Arzu vor, bereits einen Cousin in der Türkei ausgesucht, die Tickets gebucht. Der Mordfall in Detmold-Remmighausen hat das Dorf und die Stadt aufgewühlt. Die Angeklagten hatten zumeist gute Jobs. Die Tochter hatte den gehobenen Dienst in der Stadtverwaltung vor Augen, die Brüder waren in der Feuerwehr. Die Familie lud den Bäckermeister und Chef Arzus zu Geburtstagen ein, half ihm im Laden. Die Tochter zu töten, weil sie den falschen liebte. Was für ein verachtenswertes Motiv, mit unseren Rechtsauffassungen und unserer Moral niemals vereinbar. Integrations-Vorzeigefamilie? Was für eine weitere Fehleinschätzung. Das hat der erste Tag dem letzten klargemacht. Das Gericht wird nun herausfinden müssen, ob der jüngste der wegen Mordes Angeklagten wirklich geschossen hat, wenn ja, in wessen Einverständnis oder auf wessen Order. Es wird die Familienstrukturen tief durchdringen müssen. Verständnis für das Geschehen wird es aber nicht annähernd wecken können.
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