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Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Merkel wirft Umweltminister Röttgen raus Anfang vom Ende CARSTEN HEIL

Bielefeld (ots)

Die Erschütterungen des politischen Bebens der Wahl in Nordrhein-Westfalen haben mit dreitägiger Verzögerung Berlin erreicht. Sie haben solche Auswirkungen, dass die sonst so kühl abwartende Bundeskanzlerin eine hektische Entscheidung getroffen hat: Sie entlässt den gescheiterten NRW-Spitzenkandidaten Norbert Röttgen aus dem Amt des Bundesumweltministers. Denselben Umweltminister und hoffnungsvollen CDU-Politiker Röttgen, dem sie am Montag noch im Brustton der Überzeugung - wenn auch schon mit zweifelndem Gesichtsausdruck - den Rücken gestärkt hatte. Diesen Schritt wird die Kanzlerin noch bereuen. In der Politik spielen nicht nur Entscheidungen eine Rolle, sondern auch der richtige Zeitpunkt. Erst nachdem CSU-Chef Horst Seehofer nach außen hin wie zufällig gespielt, aber in Wahrheit gezielt und überlegt in einem ZDF-Interview seinem Unmut über Röttgen Luft gemacht hatte, handelte Merkel. Damit ist sie eine Getriebene. Sie musste Röttgen opfern, um Seehofers Groll zu beschwichtigen. Das ist kein Zeichen von Stärke. Wenn die Kanzlerin schon erstmals in dieser Legislaturperiode einen Minister eigenhändig rauswirft, muss sie damit Handlungsfähigkeit beweisen. Das hätte sie erreicht, wenn sie am Montag nach der NRW-Wahl diesen Schritt vollzogen hätte. Oder wenn sie auf ihren Umweltminister eingewirkt und ihn zum selbsterklärten Rücktritt bewegt hätte. Dafür hätte sie sogar noch ein paar Tage Zeit gehabt. Auch ihrer CDU hat die Bundesvorsitzende mit der Entscheidung vom Mittwoch keinen Gefallen getan. Die Gefahr ist groß, dass sie bei aller Kritik am NRW-Spitzenkandidaten den Spaltpilz in die Union getragen hat. Mit NRW verliert einer der wichtigsten Landesverbände in Berlin massiv an Einfluss. Das kann der nach der Wahl sowieso am Boden liegende Verband nicht auf sich sitzen lassen. Die Reaktion des Düsseldorfer Fraktionschefs Karl-Josef Laumann auf die Entscheidung ist: "Erschrecken". Vorerst wird der NRW-Union jedoch die Kraft zur Revanche fehlen. Vergessen wird es nicht. Ein bei all seinen Fehlern honoriger Mensch wie Norbert Röttgen hat auch in der Niederlage wenigstens eine Verabschiedung mit Anstand verdient. Für den Menschen Röttgen sind es nun ganz bittere Tage. Aus dem Hoffnungsträger seiner Partei ist der Verlierer des Monats geworden. Ihm zeigen die Politik und einstige Vertraute die kalte Schulter: kalt und brutal. Das wird insbesondere bei bürgerlich orientierten Menschen, die die CDU tragen, übel ankommen. Wenn das Ende der Politikerin Angela Merkel einst gekommen sein wird, werden sich viele Menschen an die Tage im Mai 2012 erinnern. An die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, die der Anfang dieses Endes war. So leicht lässt sich eine Entscheidung im bevölkerungsreichsten Bundesland nicht zur Nebensächlichkeit erklären. Merkel selbst ist derzeit noch beliebt bei den Wählerinnen und Wählern. Auch das geht vorbei.

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