Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Zwangsanleihen für Reiche Ende der Schonzeit WOLFGANG MULKE, BERLIN
Bielefeld (ots)
Die Idee einer Sondersteuer für Reiche ist nicht neu. Doch inzwischen sprechen immer mehr Argumente für eine zusätzliche Belastung der oberen Zehntausend. Unser Steuersystem ist darauf ausgelegt, dass jeder Steuerbürger entsprechend seiner Leistungsfähigkeit vom Fiskus zur Kasse gebeten wird. Dieses Prinzip ist in den letzten 20 Jahren zunehmend außer Kraft gesetzt worden. Schlupflöcher für Großverdiener sind zwar weitgehend gestopft worden, doch immer noch überweisen sie im Durchschnitt allenfalls 35 Prozent ihres Einkommens an das Finanzamt. An die großen Vermögen wagt sich der Staat erst gar nicht heran. Ungerecht ist die jüngste Entwicklung auch aus einem zweiten Grund. Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich bei den Einkommen immer weiter. Dafür hat auch die Gesetzgebung der letzten Jahre gesorgt. Es ist daher nur gerecht, wenn diejenigen, die davon besonders stark profitieren, sich verstärkt an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligen. Denn sonst bleibt diese Aufgabe beim Facharbeiter aus dem Mittelstand hängen. Das wird gerne unterschlagen. Unten in der finanziellen Rangliste ist nichts zu holen, und die Ausgaben des Staates steigen weiter an. Das Einzige, das gegen eine Vermögensabgabe oder auch eine Zwangsanleihe für Reiche spricht, sind die Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung. Besitztümer müssten aktuell bewertet, Schulden und Guthaben gegeneinander aufgerechnet werden. Das kostet Zeit und braucht viel Personal, was allein schon beim Blick auf die vielen Immobilien sehr deutlich wird. Doch womöglich gibt es auch einfache Wege zum Eintreiben der Vermögensabgabe. Finanzbeamte sind ja sonst auch findig, wenn sie dem Staat Einnahmen bescheren sollen. Einen Versuch wäre die Sondersteuer für Reiche wenigstens wert.
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