Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTARE London 2012 Olympischer Traum THOMAS SEIM
Bielefeld (ots)
Wenn am 12. August die Olympia-Sieger und die Medaillengewinner in London Abschied feiern, werden hoffentlich noch einmal wunderbare Bilder vor unseren Augen auftauchen. Bilder von der Eröffnung, bei der die Organisatoren die Spannung bis zur Entzündung des Olympischen Feuers auf neue Spitzen trieben. Bilder von sensationellen sportlichen Leistungen, Rekorden, spannenden Finals, märchenhaften Erfolgen und Tränen der Niederlage - wir werden fiebernd live vor TV-Geräten sitzen und alle Details in den Zeitungen nachlesen. Schließlich werden - leider - auch Dopingskandale uns erschüttern. Bilder des Terrors bleiben uns hoffentlich erspart. Noch immer fasziniert dieser olympische Traum. Als vor nun schon 116 Jahren die ersten Spiele der Neuzeit in Athen stattfanden, waren die Welt und der Wettkampf noch friedlich. Nennenswerte Kriege, die die Welt völlig erschütterten, gab es - noch - nicht. Nicht mal Ehrgeiz trieb die Athleten zu höchsten Leistungen. Dabei sein war alles. Mancher Edelmann fuhr einfach mal hin, um zu laufen, zu springen. Man schaute, was ohne Training möglich ist. Es waren edle Spiele, zunächst nur der Edelmänner. Frauen kamen erst 1900 dazu. Zum Katalysator des Aufstiegs mutierte der Sport erst später. Und mit den Aufstiegschancen der Athleten stieg der Ehrgeiz - der der Athleten, und der nationale. Auch im Sport erwuchs die Konkurrenz der Staaten, aus deren Ehrgeiz entwickelten sich der Madaillenspiegel, die Kaderschmieden der nationalen Sportverbände, schließlich das Doping. Schon lange ist dabei sein nicht mehr alles. Und nun schickt sich ausgerechnet die konservative britische Regierung an, auch noch das letzte Tabu zu brechen. Zum ersten Mal versucht ein Land seine wirtschaftliche und finanzielle Misere im Schatten der Spiele zu mildern. Parallel zu den Wettkämpfen lädt sie Tag für Tag internationales Management zur Roadshow für Investitionen ein. Was für ein Verrat am Ideal der Idee. Fast so groß wie der, den wir fassungslos erleben müssen, wenn die Waffen in Syrien oder Afghanistan nicht schweigen, um Olympia friedlichen Raum zu geben. Und fast so groß wie die Furcht vor Gewalt, gegen die Hundertschaften von Polizei und Militär in Alarmbereitschaft versetzt worden sind. Dabei dürfen wir gerade in London auf die neue Nachhaltigkeitsstrategie des Olympischen Komitees hoffen. Die Mischung aus bestehenden und neuen Anlagen, die nach den Spielen neuer Nutzung zugeführt werden, gelten als vorbildlich. Folgekosten wurden gering gehalten, auch um nicht ein ähnliches finanzielles Desaster anzurichten wie in Athen 2004. Es sind die dritten Spiele von London. Keine andere Stadt durfte so oft Gastgeber des Olympischen Geistes sein. Die Stadt wird sich als würdig erweisen. Man kann nur hoffen, dass das von den Sportlern, den Funktionären und der gastgebenden Regierung auch gesagt werden kann. Für heute aber gilt zunächst und vor allem friedliche Zuversicht: Mögen die Spiele gelingen!
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