Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Mindestlohn Drohung im Auftrag BERNHARD HÄNEL
Bielefeld (ots)
Mehr als jeder zehnte deutsche Arbeitnehmer verdient nicht einmal 8,50 Euro pro Stunde. Betroffen sind Minijobber und Teilzeitkräfte, aber auch viele Vollzeitbeschäftigte, wie eine Erhebung des Statistischen Bundesamts mit dem spröden Titel "Verdienststrukturerhebung" zeigt. Kein Wunder, dass inzwischen rund 85 Prozent der Deutschen von der Notwendigkeit der Einführung eines Mindestlohns überzeugt sind. Lange war für dieses sozialpolitische Instrument für die Union des Teufels. Bis die zu jeder Anpassung an den Meinungstrend bereite Bundeskanzlerin und CDU-Chefin die Wende einleitete und für eine Lohnuntergrenze plädierte. Schon das ärgerte die FDP, schließlich ist im Koalitionsvertrag festgeschrieben: "Einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn lehnen wir ab." Der Vorstoß aus Thüringen zielt auf die FDP, die in denn letzten Wochen den Eindruck haben konnte, die ewigen Koalitionsquerelen seien beendet, seit die Partei mit dem Einzug in die Landtage von Kiel und Düsseldorf wieder Tritt gefasst hat. Zu viel Morgenluft aber gönnt Merkel ihrem Partner nicht. Lieberknechts Appell an die Einsichtsfähigkeit der FDP ist daher nichts anderes als eine Drohung im Auftrag. Denn die Kanzlerin hat längst fertig mit ihrem Koalitionspartner.
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