Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Lage in den Krisenstaaten Südeuropas Sturm auf den Straßen RALPH SCHULZE, MADRID
Bielefeld (ots)
Die Lage an der Krisenfront ist gespannt, die Bevölkerung zunehmend frustriert. Jedenfalls in Spanien und Portugal, wo Gewerkschaften mit ihrem 24-stündigen Generalstreik die Speerspitze des europäischen Aktionstags mit dem Motto "Nein zur Sparpolitik" formten. Die Massenproteste sind ein ernstzunehmendes Warnsignal dafür, dass die Geduld und Leidensfähigkeit vieler Menschen in Südeuropa am Ende ist. Und dass sich das Klima weiter erhitzen dürfte, wenn die Sparaxt am staatlichen Schuldenberg nicht mit Augenmaß angesetzt wird. Immer neue Kürzungen bei Renten und Löhnen, bei Bildung, Gesundheit sowie bei sozialen Leistungen verschärfen die Not. Jede vierte Familie in Spanien wie in Portugal lebt inzwischen unterhalb der Armutsschwelle. Jeder zweite junge Mensch unter 25 Jahren ist in Spanien ohne Job, in Portugal jeder Dritte - Tendenz steigend. Zugleich wird die Wut durch den Ansehensverlust der südeuropäischen Amtsträger genährt, welche die öffentlichen Kassen in den letzten Jahren regelrecht geplündert haben. Steuergelder massiv vergeudet oder sogar veruntreut haben. Und die nun, wo die Kassen gähnend leer sind, vor allem vom kleinen Mann fordern, Opfer zu bringen. Es ist kein Geheimnis, dass viele multi-nationale Konzerne wie Multi-Millionäre einen Großteil ihrer Gewinne am Finanzamt vorbeischleusen. So wie es auch der Schwiegersohn des spanischen Königs vormachte, der ergaunerte öffentliche Gelder in Finanz-Paradiesen parkte. Vetternwirtschaft, Korruption und Steuerbetrug sind das größte Wachstumshindernis auf der iberischen Halbinsel. Angesichts solcher Skandale muss man sich nicht wundern, wenn die Menschen auf die Straße gehen und ihren Politikern die rote Karte zeigen. Es ist nun einmal so: Sparpolitik und Reformen können nicht gegen, sondern nur mit dem Volk gemacht werden.
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