Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Präsident Mursi in Berlin Unfähig zum Dialog BERNHARD HÄNEL
Bielefeld (ots)
Ägypten braucht Geld. Sehr viel Geld. Das ist der Grund, warum Präsident Mohammed Mursi nach Berlin gereist ist, aber die Teilnahme am Gipfel der Afrikanischen Union abgesagt hat. Schließlich brennt es auf den Straßen von Suez über Kairo bis Alexandria. Die Unzufriedenheit über seine Regierung nimmt zu, denn zu Wege gebracht hat sie bislang wenig. Viel zu wenig. Das Land steht vor den gleichen Problemen wie vor dem Sturz von Husni Mubarak. Jeden Tag müsste eine neue Schule gebaut, jedes Jahr müssten hunderttausende neue Arbeitsplätze entstehen. Die Bevölkerungsexplosion ist exorbitant. Derweil bricht eine der wichtigsten Einnahmequellen des Landes, der Tourismus, weg. Aus eigener Kraft kann Ägypten seine Probleme nicht lösen. Es braucht Hilfe von außen. Investoren und Sponsoren werden benötigt. Doch wer gibt Geld an einen Staat, der zunehmend in die Hände von Fundamentalisten zu gelangen droht? Dies und mehr musste sich der bekennende Muslimbruder Mursi in Berlin anhören. Zu Recht, denn das Land leidet unter der Unfähigkeit aller politischen Kräfte, ob Muslimbrüder, Salafisten, Kopten oder säkulare und liberale Demokraten. Sie sprechen nicht miteinander. Zu groß ist das gegenseitige Misstrauen. Misstrauen ist das Grundübel der ägyptischen Zivilgesellschaft. Es wurde gesät und genutzt von Nasser, Sadat und Mubarak. Aufgabe des demokratisch gewählten Präsidenten wäre es, alle Kräfte zum Dialog am runden Tisch zu bewegen. Doch Mursi verfügt nur formal über die komplette Macht im Staate. In Wahrheit ist er eine Marionette der Chefs der Muslimbrüder. Sie sind unfähig zum Kompromiss, weil sie die Mehrheit der Wähler hinter sich glauben. Wahre Demokraten suchten einen Weg zur Einbindung der Minderheit.
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