Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Grundsatzrede des Bundespräsidenten Das dialogische Prinzip ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Bielefeld (ots)
Die Frage, ob Joachim Gaucks Europarede eine große war, ist müßig. Was heißt schon groß? Es war die richtige Rede zum richtigen Zeitpunkt. Gauck zeigte mit Herzblut die Bedeutung des europäischen Projekts auf - im Kleinen und im Großen, im Historischen und im Aktuellen. Europa bedeutet, ohne Reisepass von der Memel bis zum Atlantik zu reisen, aber auch der Verdruss über die Eurokrise und über Brüsseler Bürokraten. Darüber wölbt sich die Frage nach der europäischen Identität. Und die kann man nur so beantworten, wie es der Bundespräsident tat: Europa löscht die nationale Zugehörigkeit nicht aus, besitzt trotzdem einen eigenen Charakter. Dieser richtet sich nicht gegen jemand, sondern tritt für etwas ein: Frieden Freiheit, Menschenrechte. Richtig ist auch Gaucks Analyse, dass wir uns auf einer "neuen Schwelle" befinden: Soll es weitergehen mit Europa oder nicht? Gauck setzt auf mehr Vereinheitlichung, aber immer im Dialog mit den Bürgern. Die Klammer heißt für ihn Kommunikation. Politik muss sich erklären und rückkoppeln. Das dialogische Prinzip ist so etwas wie die Grundphilosophie dieses Bundespräsidenten. Folgerichtig möchte er die griechische Agora wiederbeleben, den Ort des öffentlichen Disputs. Eine schöne Idee. Die Rede im Schloss Bellevue war dazu ein würdiger Auftakt.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de
Original content of: Neue Westfälische (Bielefeld), transmitted by news aktuell