Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Der Fall Hoeneß Sträfliche Laxheit ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Bielefeld (ots)
Der Fall Uli Hoeneß hält die Republik in Atem. Gestern wurde bekannt, dass gegen den FC-Bayern-Präsidenten im März ein Haftbefehl vorlag. Das legt die Vermutung nahe, dass seine Selbstanzeige vom Januar vielleicht doch nicht so vollständig war, wie sie hätte sein sollen. Es bestand also dringender Tatverdacht, gar Fluchtgefahr, die bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe immer angenommen werden muss. Für Hoeneß wird es jetzt eng. Und wie auch immer dieser Fall weitergeht, klar ist: Hoeneß ist nicht der einzige Einkommensmillionär, der es mit der Steuerschuld nicht so genau nimmt. Es gibt auch andere, die weiter ihr Geld außer Landes verschieben. Dem deutschen Staat gehen dadurch jährlich 30 bis 40 Milliarden Euro verloren. Der Eindruck entsteht, dass hierzulande gerade den Superreichen die Steuerhinterziehung zu leicht gemacht wird. Das fängt schon damit an, dass es, anders als etwa in den USA oder Frankreich, keine Offenlegungspflicht aller Konten gegenüber dem Finanzamt gibt. Auch die auf 16 Länder zersplitterte Steuerfahndung erweist sich als hinderlich. Bayern, die Heimat von Hoeneß, hat nicht umsonst den Ruf, mit Steuerprüfungen besonders lax umzugehen. Deshalb gibt es dort auch erstaunlich wenig Steuerfahnder - der oberste Rechnungshof Bayerns beklagt seit Jahren eine 20-prozentige Unterdeckung beim Personal. Manche nennen so etwas "Standortvorteil". Es bedarf gar keiner neuen teuren Mammut-Steuerbehörde auf Bundesebene, um mehr Steuergerechtigkeit durchzusetzen. Eine bessere Zusammenarbeit der 16 Finanzminister könnte bereits vieles verbessern. Gäbe es überall dieselben Maßstäbe und dieselbe Häufigkeit bei den Prüfungen, würden die Schlupflöcher schnell schrumpfen. Dann müsste sogar Bayern neue Steuerfahnder einstellen. Sie hätten sicher eine Menge zu tun.
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