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Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Deutschland in Europa Partnerschaft statt Machtdemonstration CARSTEN HEIL

Bielefeld (ots)

Und jetzt das: Deutschland ist nun auch im Fußball dominant in Europa. Die Deutschen sind das zahlenmäßig größte Volk auf dem Kontinent, die stärkste Volkswirtschaft, der größte Nettozahler in den Haushalt der Europäischen Union und der von allen ersehnte Retter in der Finanz- und Schuldenkrise. Und ist trotzdem - oder gerade deshalb - von allen ungeliebt. Der Mächtige wird nie geliebt. Bisher konnten die europäischen Nachbarn sich wenigstens immer freuen, wenn es im Fußball ernst wurde. Vor allem italienische und spanische Mannschaften verpassten den Deutschen meist schmerzliche Niederlagen. Auch das ist fürs Erste vorbei: Jetzt gibt's ein rein deutsches Finale in der Champions League. "Bayern foltert Barcelona", textet Bild online flugs. Zur Erinnerung: Es geht um Sport. Eine fürchterliche Sprache, die Hinweise darauf gibt, warum Deutschland von vielen in Europa so kritisch gesehen wird. Es ist die Haltung von: "Wir sind wieder wer." Sie erinnert an die Sprache in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der deutsche Sonderweg, der in die Katastrophen zweier Weltkriege führte, ging auch mit Sprache einher. Wenn heute spanische oder britische Zeitungen so martialisch schreiben, kommt das in Europa anders an, als wenn deutsche Medien den Mund so voll nehmen. Dem wirklich Starken steht Zurückhaltung gut an. Er kann es sich leisten. Wahre Stärke zeigt sich in der Souveränität, sich nicht immer durchsetzen zu müssen. Gut, im Sport geht es ums Gewinnen, aber in der Politik ums gemeinsame Gestalten der Zukunft. Deutschland sollte einen Perspektivenwechsel vornehmen und sich mal vorstellen, wie das Gerede von oben herab auf die Partner wirkt. Warum kann sich die Regierung Merkel in der Finanzkrise nicht enger mit den anderen, kleineren Geberstaaten zusammentun und gemeinsam mit ihnen als Rettungsgruppe auftreten? Österreich, Holland, Finnland und Luxemburg etwa könnten mit einer Zunge sprechen. Finanzminister Schäuble scheint das zu erkennen. Am deutschen Wesen kann die Welt nicht genesen. Altkanzler Helmut Schmidt hat immer dafür plädiert, dass Deutschland in der EU nicht dominant sein darf. Stark ja, aber nicht übermächtig und immer mit den Kleinen zusammen. Zumal das Problem in Europa nicht zwischen den ach so fleißigen und ehrlichen Deutschen auf der einen Seite und den faulen, undisziplinierten Griechen, Zyprern, Italienern und Spaniern auf der anderen liegt. Es geht in der Finanzkrise vielmehr um reich und arm, oben und unten. Im Norden und Süden. Der Postbote in Deutschland hat ähnlich zu kämpfen, um seine Familie zu ernähren, wie der in der Toskana. Und die reichen Reeder in Griechenland prellen genauso den Staat um Steuern wie wohlhabende Deutsche, siehe Uli Hoeneß. Wie es mit Deutschland und Europa gehen kann, machen die Fußballclubs vor. Bei Bayern und Dortmund spielen Franzosen, Holländer, Deutsche, Polen. In solch partnerschaftlichem Zusammenspiel liegt Europas Zukunft.

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