Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie Unhaltbare Zustände FLORIAN PFITZNER, DÜSSELDORF
Bielefeld (ots)
Tricksen, tarnen, täuschen - in der bereits seit Jahren in Verruf stehenden Fleischindustrie werden auch weiterhin grundlegende Arbeitsschutzregeln missachtet. Vor allem Osteuropäer leiden unter den krassen Defiziten. Dabei werden die Arbeiter nicht von Schlacht- oder Verarbeitungsfabrikanten angestellt, sondern häufig über zweifelhafte Werkverträge von Subunternehmern. Bekannt ist das seit langer Zeit, doch weder Gewerkschaften noch politische Akteure haben es bisher vermocht, die Verhältnisse in der Branche einschneidend zu verbessern. In vielen Schlachthöfen Nordrhein-Westfalens stehen mehrere hundert Menschen im Schichtbetrieb an den Fließbändern, hantieren dicht an dicht und unter Zeitdruck mit extrem scharfen Messern. Fern jeden Wissens über ihre Rechte als Arbeitnehmer lassen sie sich für einen Hungerlohn unter immensen psychischen Druck setzen. Oft fehlt es an notwendigen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen. Zu allem Übel am Arbeitsplatz leben die Fleischzerleger nicht selten in engen Unterkünften, für die sie dann auch noch völlig inakzeptable Mieten zu zahlen haben. Wer es wagt zu widersprechen, riskiert seinen Job. Berichte über Schlägertrupps, die einen Streik niedergeprügelt haben sollen, setzen dem Ganzen die hässliche Krone auf. Inzwischen brandmarken nicht nur Medien und Gewerkschaften die Lebens- und Arbeitsbedingungen auf den Schlachthöfen, sondern endlich auch Regierungen in NRW und Niedersachsen. Die Fleischerzeugerländer wollen nun gemeinsam ein Gesetz vorantreiben, um Missbrauch und Elend zu bekämpfen. Bis zur Verabschiedung des Entwurfs profitiert Deutschland weiter von Mindestlöhnen der Nachbarländer - und von den osteuropäischen Billigarbeitern, die das enorme Produktions- und Exportwachstum der Branche maßgeblich mittragen.
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