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Neue Westfälische (Bielefeld): Das Gerangel um die Regierungsbildung beginnt Wählers Auftrag THOMAS SEIM

Bielefeld (ots)

Nun stehen sie am Tag nach der Wahl im Berliner Ring und spielen Politiker-Mikado: Wer sich zuerst bewegt, verliert. Da haben wir Wähler was angerichtet. Zieht man Empfindlichkeiten und Beleidigtsein über den Wahlausgang von den Reaktionen der Parteien am Tag danach ab, dann bleiben: 1. Angela Merkel hat einen klaren Regierungsauftrag. Sonst niemand. Ohne Merkel hätte die Union diesen Auftrag nicht erhalten. 2. Angela Merkel kann nicht allein regieren. Nicht nur die Kanzlerin selbst hat in den zahlreichen Fernsehbildern und Kommentaren die Sorge erkennen lassen, dass sie und die Union mit einer absoluten Mehrheit über das Ziel hinaus schießen könnte. Die Bürgerinnen und Bürger wollen eine Koalition, keine Alleinherrschaft. 3. Die Deutschen wollen erneut eine große Koalition. Zwar gibt es auch ein paar Präferenzen in Richtung Schwarz-Grün. Aber der Favorit ist solch ein Bündnis nicht. 4. Die SPD debattiert noch über den richtigen Umgang mit den Wahl-Ergebnissen. Sie hat schlechte Erfahrungen mit der Beteiligung an der letzten großen Koalition gemacht. Deshalb sind heute die Stimmen stark, die auf Abstand dazu gehen. 5. Die Grünen sind zwar eine alternative Option für die Union. Sie befinden sich aber derzeit nicht in einer Situation, in der man ihnen dazu raten kann. Außerdem fehlte einer schwarz-grünen Koalition eine Gestaltungsmehrheit im Bundesrat. Nach Lage der Dinge ist auf dieser Grundlage eine erneute große Koalition die zu empfehlende Option. Die Kanzlerin strebt sie an, wie ihr schneller bereits heute geführter Anruf bei SPD-Chef Sigmar Gabriel zeigt. Die SPD hadert mit ihrem Ergebnis und zögert. Aus taktischen Erwägungen ist die Zurückhaltung der Sozialdemokraten nicht nur nachvollziehbar, sondern zwingend. Nur mit einer klaren Linie entlang der Schlüsselforderungen der SPD wäre den Mitgliedern ein Eintritt in eine große Koalition erfolgreich anzudienen. Es geht nicht um Ministerämter, sondern um die Fragen:

   - Ist die Union bereit, das unsinnige Betreuungsgeld der CSU für 
     Eltern in sinnvolle Investitionen für Kinderbetreuung zu 
     überführen?
   - Will die Union über eine Beteiligung privater Vermögen an der 
     Finanzierung von Bildung sprechen?
   - Kann es einen Mindestlohn geben?
   - Lohnt es sich, nach einer gemeinsamen Reform der 
     Krankenversicherung in Richtung Bürgerversicherung zu prüfen?
   - Können die Härten einer Rentenreform mit der Rente ab 67 
     korrigiert werden?
   - Ist eine Steuerreform mit Familiensplitting denkbar?
   - Was ist mit der Union in Sachen Städte- und Gemeindefinanzierung
     zu schaffen?

Alle diese Fragen müssen geklärt sein. Die Optionen der SPD sind dann nicht schlecht. Wenn es gelingt, sie klug zu nutzen, kann eine große Koalition unter einer Kanzlerin Merkel, die wohl ihre letzte Amtszeit antritt, den Weg zu neuer Stärke für die Sozialdemokraten öffnen. So ist der Auftrag der Wähler wohl zu verstehen.

Pressekontakt:

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News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de

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