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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Friedensnobelpreis für Chemiewaffenkontrolleure Ehrenhaft aber wenig preiswürdig BERNHARD HÄNEL

Bielefeld (ots)

Das Nobelkomitee hat wieder einmal für eine große Überraschung gesorgt. Die prestigeträchtigste Auszeichnung der Welt geht an die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW). Eine durchaus überraschende Entscheidung des fünfköpfigen Gremiums, denn auch die diesjährige Entscheidung drückt mehr Hoffnung als Anerkennung für bereits geleistetes aus. Anlass für die Preisvergabe ist der Einsatz der Chemiewaffenkontrolleure in Syrien. Dort sollen sie das Todesarsenal von Präsident Baschar al-Assad ausheben und vernichten. Eine wahrhaft gefährliche Mission, denn die Arbeit findet mitten in einem Bürgerkrieg und zwischen dessen schwer auszumachenden Fronten statt. Doch es wäre ein Irrglaube, dass Syrien danach dem Frieden auch nur ein Stück näher gekommen wäre. Der Krieg geht auch ohne Chemiewaffen weiter mit Ausrüstung, für deren Nachschub Russland ebenso wie westliche Staaten sorgen. Auch die Chemie für den tötenden Coctail stammt aus diesen Regionen. Auch Deutschland hat Assads Giftmischerlabore beliefert, was die vergossenen Krokodilstränen nach dem Überschreiten der von US-Präsident Barack Obama ausgerufenen Roten Linie so wenig glaubwürdig machte. Ohnehin ist die OPCW-Mission eher einem Zufall zu verdanken, als ehrlichem Friedensengagement der USA oder Russlands. Nur weil sich US-Außenminister John Kerry auf dem Höhepunkt der Krise um einen militärischen Schlag der USA verplappert hatte, Assad könnte einen Militärschlag abwenden, wenn er seine Chemiewaffen an die internationale Staatengemeinschaft übergeben würde. Die Relativierung misslang, weil der russische Außenminister Sergej Lawrow die Chance nutzte und Assad zur Unterwerfung unter ein UN-Sicherheitsmandat zwang. So betrachtet, hätte 2013 der Friedensnobelpreis allemal auch Lawrov gebührt. Ohnedies ist der diesjährige Preisträger ein Wechsel in die Zukunft. UN-Organisationen sind nur so stark, wie der Sicherheitsrat es zulässt. Zudem sind die ständigen Mitglieder des Gremiums alles andere als Saubermänner. So haben Russland und die USA bei weitem noch nicht ihr immenses Chemiewaffenpotenzial vernichtet, wozu sie sich vertraglich verpflichtet haben. Auch horten sie Biowaffen, die sie der internationalen Kontrolle entziehen. So betrachtet ist die OPCW ein zahnloser Tiger - ehrenhaft aber wenig preiswürdig. Es gab andere Kandidaten, die die Auszeichnung verdient hätten. Zuvorderst die mitfavorisierte pakistanische Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai. Die 16-Jährige setzte sich in ihrem Heimatland für die Bildung von jungen Frauen ein. Aus Rache verübten Taliban-Kämpfer im Swat-Tal einen Anschlag auf Malala, die dabei schwer verletzt wurde. Ihr Beispiel zeigt, dass Frieden ohne Freiheit nicht viel wert ist. Die Reaktion der Taliban spricht Bände: Sie habe nichts getan, womit sie die Auszeichnung verdient hätte, sagte einer ihrer Sprecher. Das schlimme ist, dass das Nobelpreiskomitee das wohl auch so sieht.

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