Neue Westfälische (Bielefeld): Sonderweg der Kirchen Entfremdungsprozess BERNHARD HÄNEL
Bielefeld (ots)
Die evangelische Kirche hat sich bewegt, doch wirklich weitergekommen ist sie in Wahrheit nicht. Das Arbeitsrecht wurde ein Stück weit novelliert, doch Streik bleibt weiterhin ausgeschlossen, was die Durchsetzungskraft der Arbeitnehmer nachhaltig mindert. Sie müssen sich weiterhin einem Zwangsschlichtungsverfahren unterwerfen und bleiben damit Beschäftigte mit minderen Rechten. Die Kirchen, gleich ob römisch-katholisch oder protestantisch, berufen sich auf das vom Grundgesetz garantierte Selbstverwaltungsrecht und die Glaubensfreiheit. Ob beides noch trägt in einer stetig säkularer werdenden Gesellschaft mit einer stetig wachsenden Zahl kirchenferner Menschen, ist strittig. Nicht nur bei den Gewerkschaften, auch mitten im Bundestag. Die Lobbyarbeit der Kirchen für ihre überkommenen Rechte ist intensiver denn je; in Berlin, Brüssel und Straßburg. Es fällt zunehmend schwer zu erklären, warum die Kirchen Arbeitnehmer zu eigenen Konditionen beschäftigen können, obwohl die meisten ihrer sozialen Leistungen - ob Altersheim oder Krankenhaus - aus dem allgemeinen Steuersäckel finanziert werden. Mit Verkündigung haben sie allenfalls am Rande zu tun. Und Dienst am Nächsten leisten auch Atheisten. Ob ihres Kernauftrags, der Verkündigung der Frohen Botschaft, sollten die Kirchen über ihre Rolle in der Gesellschaft vertieft nachdenken. Zu viel ist passiert, was die Menschen ratlos macht und sie dem Glauben entfremdet. Ein zutiefst bedauerlicher Prozess, zu dem die Amtskirchen maßgeblich beitragen; durch Geldverschwendung, geheime Kassen, Bezahlung von Bischöfen und Domkapiteln aus der Staatskasse, Religionsdateien für Zinsertragssteuern - eine unendlich lange Liste von Forderungen an die Gesellschaft. Nur ein Umdenken kann den Entfremdungsprozess bremsen.
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