Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar NRW fördert Radautobahnen Reichlich Bedarf MARTIN KRAUSE
Bielefeld (ots)
Die Vorteile des Fahrrades sind unbestreitbar: Der Betrieb ist preiswert, umweltfreundlich, und Fahrradfahren ist obendrein gesund. Letzteres gilt zumindest in der Theorie. Wer sich in Großstädten wie Bielefeld auf den Drahtesel schwingt, riskiert auf vielen fahrradweglosen Routen Seite an Seite mit Sattelschleppern und Bussen allerdings sein Leben. Eltern, die ihre Kinder mit dem Rad zur Schule schicken, verbringen vor allem in der dunklen Jahreszeit manche unruhige Minute. Im Mangel an Radwegen liegt ein gravierender Nachteil des Fahrrades als Massenverkehrsmittel, und die NRW-Regierung setzt hier an. Ein zukunftsträchtiges, löbliches Bemühen. Natürlich gibt es weitere Probleme, die sich beim Einsatz des Rades im Berufsverkehr stellen: Wer möchte bei Regen klatschnass den Arbeitsplatz erreichen? Wem gefällt es, im Sommer durchgeschwitzt zum Business-Termin zu erscheinen? Vor allem aber: Bis zu welcher Entfernung ist eine Verlagerung des Verkehrs auf Radwege realistisch? Die Antwort liegt nahe: Streckenlängen, die im platten Holland vielleicht gerade noch als alltagstauglich gelten, werden im hügeligen Ostwestfalen-Lippe dem Auto vorbehalten bleiben. Strecken, die länger als 5 bis 10 Kilometer sind, bewältigen nur die Hartgesottenen mit dem Rad - wobei der Trend zum Elek-trofahrrad die Möglichkeiten gewiss erweitern wird. Optimal sind Radschnellwege oder Radautobahnen, wie es sie in Holland schon gibt, aber auch in London und New York, vor allem für innerstädtische Bereiche oder für Ballungsräume. Hier werden Tausende potenzielle Nutzer angelockt, wenn ihnen schnelle und sichere Verbindungen zur Verfügung stehen. Ob auf einem ostwestfälischen Radschnellweg zwischen Herford und Minden aber jemals eine nennenswerte Frequenz einen Millionenaufwand rechtfertigen wird - speziell auf den ländlichen Abschnitten -, ist zweifelhaft. Eher scheint die Unterstützung für Überlandstrecken dem Willen zu regionalem Proporz zu verdanken zu sein. Das wäre falsch, weil mit dem Geld auch die Zustimmung der Bürger vergeudet würde. Radschnellwege gehören zuerst in die Innenstädte. Entsprechenden Bedarf gibt es auch in OWL mehr als reichlich.
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