Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Merkels dritte Regierung startet heute Flirt mit dem Nachbarn ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Bielefeld (ots)
Endlich wird wieder regiert in Deutschland. Ganz Europa atmet auf, schließlich gibt es eine Menge zu tun. Unter anderem muss der Euro weiter stabilisiert werden, die Energiewende wartet auf zügige Umsetzung, und dringend braucht es Investitionen in Bildung und Verkehr. Das neue Kabinett präsentiert personell positive Überraschungen, es macht Hoffnung auf professionelles, schnörkelloses Regieren. Nun braucht es dringend Tempo. Womit wir bei den Risiken dieser dritten Regierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel angelangt sind. Das schlechte Wahlergebnis der SPD scheint wie vom Erdboden verschluckt. Die Mitgliederbefragung hat zu einer erstaunlichen Geschlossenheit geführt - jetzt kennen die Genossen den Koalitionsvertrag und schätzen ihn offenbar auch. Nun erwarten sie aber die wortgetreue Umsetzung. Nur zur Erinnerung: Die FDP ist an ihrem Versprechen "Ab heute wird geliefert" schmählich gescheitert. Die SPD darf sich das nicht erlauben. Sie ist dazu verdammt, die hohen Erwartungen auch zu erfüllen. Nicht nur der Mindestlohn muss Anfang Januar 2015 im Gesetzblatt stehen, auch das umfangreiche Rentenpaket muss beispielsweise Mitte nächsten Jahres Gesetzesform angenommen haben. Dabei steht gerade die Finanzierung der Rentenverbesserungen teilweise auf wackligen Füßen, hängt allein an der guten Konjunktur. Doch es existieren noch weitere Risiken. Die "GroKo" ist keine Regierung, die auf Dauer angelegt ist. Es handelt sich um eine Ehe auf Zeit, die auf den Partnerwechsel hinarbeitet. Sowohl die Union als auch die SPD werden sich den Flirt mit den Grünen nicht nehmen lassen. Noch gar nicht abzusehen sind die bundespolitischen Turbulenzen, die eine funktionierende schwarz-grüne Landesregierung in Hessen auslösen würde. Dass Merkel mit Peter Tauber einen jungen Christdemokraten mit grünen Neigungen zum Generalsekretär gemacht hat, ist kein Zufall. Und dass Sigmar Gabriel im Wirtschaftsministerium den Grünen Rainer Baake zum beamteten Staatssekretär bestellt, entspringt ebenfalls strategischem Kalkül. Die "GroKo" muss gelingen - und darf doch nicht dauern.
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