Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Neue EU-Kommission Team Juncker - wer spielt wo? Knut Pries, Brüssel
Bielefeld (ots)
Die Frauenfrage ist gelöst. Mit Geduld und Spucke, Drohungen und Ermahnungen hat Jean-Claude Juncker den Regierungen der Mitgliedsstaaten doch noch eine Mindestzahl EU-Kommissarinnen abgerungen. 9 von insgesamt 28 Ländern haben Frauen für die Chefetage der EU-Zentralbehörde nominiert. Neun Kommissarinnen sind exakt so viel, wie der scheidende Kommissionspräsident Barroso im Team hatte. Weniger werde man nicht akzeptieren, hatte das Europaparlament signalisiert. Das war keine leere Drohung: Die Juncker-Kommission muss sich Ende Oktober einer Vertrauensabstimmung in der EU-Volksvertretung stellen, und dort sind sie dieser Tage recht selbstbewusst. Das Quotenproblem ist Juncker los, nun muss er die Damen mit Premiumjobs versorgen. Hohe Erwartungen hegen auch die vier früheren Regierungschefs und elf Exminister im Team. Außerdem gilt es, die Parteifamilien bei Laune zu halten, die dem langjährigen Luxemburger Premier ins Amt geholfen haben (Christdemokraten, Sozialisten, Liberale). Sowie natürlich die Regierungen, die sich darauf kaprizieren, eine Schlüsselposition im Bereich Wirtschaft zu ergattern. Dutzende Ressort-Schnittmuster hat Juncker erwogen und verworfen, bis unmittelbar vor der heutigen Präsentation war die Idealformation noch nicht gefunden. Und auch damit muss der künftige Spielführer zurechtkommen: Die Kopfstelle bleibt überdimensioniert, weil jeder Mitgliedsstaat auf "seinem" Vertreter beharrt. Juncker versucht es mit einer neuen Struktur: Anstelle der alten Ordnung (1 Land = 1 Kommissar = 1 Ressort) gibt es künftig unter dem Chef sieben Stellvertreter an der Spitze eines Ressortbündels, dessen Elemente wiederum von je einem Kommissar geleitet werden. Das scheint im Ansatz richtig. Fragt sich nur, ob die Sache in der Praxis funktioniert. Das Verhältnis von "Oberen" und "Unteren" ist ungeklärt. Wenn sie sich auf Hahnenkämpfe verlegen, wird's eng. Da hilft - Hahn hin, Huhn her - auch keine Frauenquote.
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