Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Gabriel kürzt Wirtschaftsprognosen Das Ende der Party Alexandra Jacobson, Berlin
Bielefeld (ots)
Geplant war diese Bundesregierung immer auch als eine Wohlfühlveranstaltung. Die Große Koalition hat ordentlich verteilt - man denke nur an die verbesserte Mütterrente oder die Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren. Nun ist aber die brummende Konjunktur kein Naturgesetz. Vor allem nicht angesichts globaler politischer Krisen und einer anhaltenden europäischen Wachstumsschwäche, die einfach nicht weichen will, auch wenn die EZB noch so viel billiges Geld auf den Markt wirft. Die Aussicht, dass die Party bald vorbei sein könnte, führt jetzt in Teilen der Großen Koalition zu heilloser Aufregung. Da wollen einige Sozialdemokraten, die mit der Idee einer staatlichen Schuldenbremse schon immer haderten, am liebsten wieder in die Vollen gehen und neue Kredite aufnehmen. Und in CDU und CSU würden einige zu gerne die geplante Frauenquote für Aufsichtsräte und Vorstände beerdigen. Das sind Scheingefechte, die niemanden weiterbringen. Denn weder die Frauenquote in Unternehmen noch die vom Bundesfinanzminister angestrebte schwarze Null sind schuld am Abschwung. Es ist gut, dass Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel in den Panikchor nicht einstimmt, sondern auf die Erfüllung des Koalitionsvertrags pocht - einschließlich des ausgeglichenen Haushaltes und der Frauenquote. Noch scheinen die Fundamentaldaten der deutschen Wirtschaft intakt zu sein, eine Weltwirtschaftskrise wie 2008 ist nicht zu befürchten. Dass alles gut sei und es keinen Grund zur Sorge gebe, diese Botschaft Gabriels anlässlich einer stark nach unten korrigierten Wachstumsprognose ist dann aber doch zu schlicht, um restlos zu überzeugen. Selbst wenn die Wachstumsschwäche nur kurz dauern sollte, wäre es jetzt der geeignete Zeitpunkt, um mit einigen konkreten Ideen der Wirtschaft unter die Arme zu greifen. Doch Schwarz-Rot scheint es nicht eilig zu haben: So darf sich eine Kommission im Wirtschaftsministerium, die Vorschläge zur Behebung der Investitionsschwäche unterbreiten soll, bis zum nächsten Frühjahr Zeit für ihre Ergebnisse nehmen. Auch wenn es keinen Grund zur Panikmache gibt - für eine Politik der ruhigen Hand ist die Lage dann doch zu ernst.
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