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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar 2015 - ein Jahr der Zukunftschancen German Mut statt German Angst THOMAS SEIM

Bielefeld (ots)

So war 2014: Die Börse knackte die 10.000er-Marke beim Aktien-Index Dax. Die Arbeitslosigkeit sank auf einen neuen Tiefstand. Die Neuverschuldung des Staates sank de facto bereits auf fast null. Die Löhne stiegen um 2,6 Prozent, gleichzeitig sank die Inflationsrate auf 0,8 Prozent. Die Reallöhne stiegen damit so deutlich wie seit drei Jahren nicht mehr. Der Mindestlohn ist eingeführt und akzeptiert. Kurz: Den Menschen in Deutschland geht es gut. Allein: Die gute Lage und die guten Aussichten spiegeln sich nicht im öffentlichen Bewusstsein des Landes. "Lieb Vaterland, magst ruhig sein", möchte man Deutschland zum Jahresbeginn 2015 zurufen. Leider verbergen sich hinter diesem Wohlfühltitel wahlweise der deutsch-nationale, anti-europäische Chauvinismus des 19. Jahrhunderts oder die modernisierungsskeptische Udo-Jürgens-Variante - Ehre seinem Andenken - aus den 1970er Jahren. Vor allem der Rechtsradikalismus, der sich in der Dresdner Pegida-Bewegung spiegelt und uns zum Jahreswechsel leider mehr beschäftigen muss, ist im Grunde und der Faktenlage nach illegitim und ein schmutzig-politisches Spiel mit der Angst der Deutschen vor der Zukunft. "German Angst" nennen das unsere Nachbarn, die sich je nach aktueller Lage entweder davor fürchten oder sich darüber lustig machen. Natürlich ist es die Pflicht von Politik und auch den Medien, auf Fehlentwicklungen hinzuweisen und Korrekturen anzumahnen. Wenn sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter öffnet, wenn die Zahl der armutsgefährdeten Menschen in Deutschland auf erschreckende zwölf Millionen ansteigt - dann gibt es Handlungsbedarf. Es ist eine Schande für ein reiches Land, dass vor allem alleinstehende Mütter von Armut bedroht sind. Da muss Politik handeln. Aber es gibt keine rationale und auch keine legitime Erklärung dafür, dass in Dresden bis zu 17.000 Demonstranten den Parolen des verurteilten Mehrfach-Straftäters Lutz Bachmann hinterherlaufen. Ein Scharlatan, der selbst vor einer Gefängnisstrafe ins Ausland floh und dort als Flüchtling aufgenommen wurde. Dagegen steht der Mut zur Zukunft der großen Mehrheit der Deutschen, die sich diesen Staat nicht noch einmal von Rechtsradikalen zerstören lassen will. Dieser Mut ist begründet. Es ist sehr beruhigend und erfreulich, dass es Reaktionen wie die des Kölner Erzbistums gibt, das den örtlichen Pegida-Demonstranten das Licht des Doms am 5. Januar abschalten wird. Von dieser Klarheit und Entschiedenheit könnten wir mehr gebrauchen. Denn nach 2014 stehen wir auch 2015 vor einem guten Jahr. 56 Prozent der Deutschen blicken voller Zuversicht darauf. Das ist einer der Spitzenwerte seit der deutschen Einheit. Die Wirtschaft wird vermutlich wieder stärker wachsen als bislang befürchtet. Die Haushalts-einnahmen werden steigen. Die Preise werden weniger steigen als 2014. Die Zahl der Erwerbstätigen wird einen neuen Rekord erreichen. Übrigens: Dies geschieht auch dank der starken Einwanderung. Das sind gute Grundlagen, auf die wir Zuversicht für das neue Jahr gründen können. Selbstverständlich wird 2015 die Kraft und die Anstrengung aller Mutigen fordern. Auch unsere Politiker werden einigen Mut aufbringen müssen, um die Bedrohungen aus der Ukraine-Krise, dem Krieg gegen die Terror-Organisation Islamischer Staat, der sich zuspitzenden Lage im Nahen Osten und der Ausbreitung der tödlichen Ebola-Seuche zu beherrschen. Aber es gibt alle Chancen, die Dinge ins Bessere zu wenden. Dafür braucht es "German Mut" statt "German Angst". Die Pegida-Demonstranten von Dresden - und nicht nur von dort - haben diesen Mut nicht.

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