Neue Westfälische (Bielefeld): Eckpunkte für Bundeshaushalt 2017 Die guten Jahre nicht verschlafen Hannes Koch
Bielefeld (ots)
Wolfgang Schäuble Knausrigkeit vorzuwerfen, wäre irreführend. Indem er Milliarden Euro für die Flüchtlinge zur Verfügung stellt, macht der Finanzminister eine realistische Politik auf der Höhe der Zeit. Nichtsdestoweniger leidet seine Finanzpolitik unter der Ideologie der Nullverschuldung, die einiges erschwert. In mancher Hinsicht handelt Schäuble durchaus großzügig. Er öffnet seine Kassen und reserviert für den Bundeshaushalt 2017 rund 10 Milliarden Euro, um die Zuwanderung zu bewältigen. Wenn das nicht reichen sollte, wird er mehr Geld auftreiben - das hat er schon durchblicken lassen. Gleichzeitig steigen die Sozialausgaben, ohnehin der größte Posten, weiter an. Für Entwicklungshilfe und Klimaschutz gibt es ebenfalls zusätzliche Mittel. Und lange ging es den Ländern und Kommunen finanziell nicht so gut, wie unter dem baden-württembergischen Bundeskassenwart. Zu Lasten des eigenen Etats hat Schäuble die kleineren Gebietskörperschaften grundsätzlich besser gestellt. Ein willkommener Nebeneffekt: Unter dem Strich schafft die Bundesregierung so auch zusätzliche Nachfrage im Inland, die die europäische Wirtschaft insgesamt unterstützt. So herrscht zwar keine Diktatur der Null, aber doch ein hartes Regiment. Die zentrale finanzpolitische Botschaft der Regierung lautet: Wir wirtschaften solide und machen keine neuen Schulden. Die Folgen dieser Politik zeigen sich vor allem bei den niedrigen Ausgaben für Investitionen. Kaum zu glauben, wie lahm das Internet in manchen Regionen Deutschlands ist. Dafür trägt auch die Regierung eine Mitverantwortung, denn sie stellt nicht genug Mittel für den Ausbau der Infrastruktur bereit. Dabei ließen sich Mehrausgaben leicht finanzieren, wenn der Finanzminister ein paar Milliarden Euro neue Kredite aufnähme. An der Sanierung der Staatsfinanzen änderte das nichts. Weil die Wirtschaftsleistung wohl auf absehbare Zeit zunimmt, ginge der Schuldenstand trotz moderater Neuverschuldung weiter zurück. So aber läuft die Regierung Gefahr, die gegenwärtigen guten Jahre zu verschlafen.
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