Neue Westfälische (Bielefeld): Krisengipfel der Union Schwestern in Panik Carsten Heil
Bielefeld (ots)
So schlecht stand die Große Koalition lange nicht mehr da. Dabei läuft es zwischen SPD und CDU inhaltlich gar nicht so schlecht. Auf viele Projekte konnte sich die Koalition in den vergangenen Monaten einigen, vom Mindestlohn über die Rente mit 63, über die Außen- und Steuerpolitik bis zur Leiharbeit. Selbst in der Flüchtlingsfrage sind sich Sozialdemokraten und Christdemokraten relativ einig. Jedenfalls gibt es darüber keinen Streit auf offener Bühne. Gleichwohl hat das große Regierungsbündnis in Berlin große Probleme. Die haben Ursachen, die teils zusammenhängen: Allein der zahlenmäßige Druck von rund einer Million Flüchtlingen hat der extrem konservativen, in Teilen rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) massiv Zulauf beschert. Umfragen bescheinigen ihr in der Sonntagsfrage bei einer Bundestagswahl 15 Prozent. Damit wäre sie drittstärkste Kraft. Das macht besonders die CSU extrem nervös. Ihr Parteichef Horst Seehofer versucht, die AfD zu bekämpfen, indem er die Flüchtlingspolitik der unter Angela Merkel weit in die Mitte gerückten CDU angreift. Dabei macht er mit seinen giftigen Attacken auch vor Merkel persönlich nicht Halt. Getreu der Vorgabe von Franz-Josef Strauß, dass es rechts von der CSU keine demokratisch legitimierte Partei geben dürfe, kanzelte er die Kanzlerin über mehrere Minuten wegen ihrer Flüchtlingspolitik auf dem jüngsten CSU-Parteitag ab. Wie ein kleines Schulmädchen stand die Regierungschefin auf dem Podium. Das war peinlich. Auch wenn Merkel nach außen so tut, als interessiere sie diese herablassende Behandlung nicht, wird sie das nicht vergessen haben. Ergebnis des parteipolitischen und persönlichen Zerwürfnisses der Union: CDU und CSU haben gemeinsam mehr als elf Prozent Zustimmung verloren. Ihre Entwicklung ist damit sogar noch schlechter als die miserable der SPD, die freilich schon unter 20 Prozent liegt. Die politische Auseinandersetzung mit der AfD werden die Regierungsparteien auf diese Weise nicht gewinnen. In ihrer Panik droht die CSU jetzt, bei der Wahl bundesweit anzutreten. Wie ebenfalls einst Franz-Josef Strauß. Genau wie der Altvordere werden die Christsozialen davon ablassen, weil sie sich ins eigene Fleisch schnitten. Die CDU träte in Bayern an, und die zerstrittenen Schwestern schadeten sich gegenseitig. Zur Freude der AfD.
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