Neue Westfälische (Bielefeld): Verkaufsoffene Sonntage Handel braucht andere Konzepte Stefan Boes
Bielefeld (ots)
Der Sonntag ist Ruhetag, Familientag, Tag der seelischen Erhebung. So sieht es die Kirche und - das ist die Realität - von der Kirche haben sich große Teile der Gesellschaft entfremdet. Die Leute gehen am Sonntag nicht mehr zum Beten in die Kirche, sondern lieber zum Bummeln in den Shoppingtempel. Niemand zwingt sie dazu, auf Ruhe und seelische Erhebung zu verzichten. Sie schätzen es, einen zusätzlichen Tag zu haben, an dem sie ohne Zeitdruck in den Geschäften stöbern können. Die Argumente, die den Sonntag als Ruhetag verteidigen sollen, sind daher schwach und hilflos. Wer am Sonntag lieber Familie oder Freunde trifft, spazieren geht, liest, backt oder kocht, der kann das schließlich tun. Auf den ersten Blick bedeutet die Sonntagsöffnung also nur Gutes: Es profitieren die Konsumenten, der Handel und die Innenstädte. Die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage weiter auszuweiten, wäre trotzdem falsch. Denn eine Gruppe hat eben doch garantiert keinen ruhigen Sonntag, ob nun auf dem Sofa oder in der Stadt. Das sind diejenigen, die arbeiten müssen. Wir erleben eine fortschreitende Entgrenzung der Arbeit, sie ist ein Kennzeichen der modernen Arbeitswelt, die auf Flexibilisierung angewiesen ist. In allen Branchen. Dabei geht es nicht nur um Wochenend- und Nachtarbeit. Generell sind Arbeit und Freizeit immer weniger voneinander zu trennen, häufig zu Lasten der Arbeitnehmer, die sich auf feste Strukturen nicht mehr verlassen können. Diese Entwicklung ohne erkennbare Notwendigkeit noch zu verstärken, zumal ohne Gesetzesgrundlage, wäre falsch. Voraussetzung für jede Arbeit an Sonn- und Feiertagen ist, dass die Arbeit nicht an Werktagen erledigt werden kann und besondere Bedürfnisse der Bevölkerung deckt. Das Arbeitszeitgesetz erlaubt nur in engen Grenzen Ausnahmen von dem Arbeitsverbot. Der stationäre Einzelhandel verlangt mehr Wettbewerbsgleichheit mit dem Online-Handel. Wettbewerb bedeutet aber, dass man in derselben Liga spielt oder zumindest im gleichen Stadion - und das ist nicht der Fall. Zalando und der Schuhhändler vor Ort lassen sich nicht vergleichen. Der Handel sollte sich etwas anderes einfallen lassen, um im Internetzeitalter zu bestehen: ein gutes Sortiment, erstklassige Beratung und insbesondere neue Konzepte, die den stationären Handel mit eigenen Online-Angeboten verknüpfen. Ein paar zusätzliche Verkaufssonntage retten die Geschäfte nicht.
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