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Neue Westfälische (Bielefeld): Regierungskrise in Rom Finstere Aussichten Julius Müller-Meiningen, Rom

Bielefeld (ots)

Es war für viele Beobachter eine Überraschung: Die Finanzmärkte reagierten am Montag nicht mit Panik auf den Ausgang des Verfassungsreferendum in Italien und den Rücktritt von Ministerpräsident Matteo Renzi. Wie es scheint, gerät der Krisenriese Italien trotz der Regierungskrise in Rom vorerst nicht ins Straucheln. Entweder haben die Märkte den negativen Ausgang der Volksabstimmung bereits vor dem Referendum absorbiert oder Italien gilt bei den Finanzjongleuren gar nicht als der Wackelkandidat, als der das Land oft dargestellt worden war. Die Aussichten auf eine Lösung der politischen Krise in Rom sind allerdings düster wie lange nicht. Mit Renzi hat sich eine Regierung vorzeitig verabschiedet, die fest im Sattel saß. Wie es in Italien weitergeht, liegt nun einerseits in der Hand von Staatspräsident Sergio Mattarella, der die im Parlament vertretenen Parteien zu Konsultationen einberufen wird. Regulär endet die Legislaturperiode im Februar 2018, spätestens dann stehen Neuwahlen an. Mattarella ist versucht, eine Übergangsregierung einzusetzen, die mit der Neuformung des Wahlrechts eine ganz konkrete Aufgabe hat. Nicht weniger als auf das Staatsoberhaupt kommt es nun auch auf die Vorstellungen der Parteien an, die von ganz unterschiedlichen Interessen geleitet sind. Der Partito Democratico (PD) ist in Grabenkämpfe verstrickt und kann Neuwahlen nicht gebrauchen, Parteichef Renzi ist geschwächt. Silvio Berlusconi hat sein Ziel erreicht, er sitzt mit seiner Forza Italia (FI) nach dem Rücktritt Renzis wieder mit am Tisch der Macht. Die nicht mit herkömmlichen politischen Parametern wie "rechts" und "links" greifbare, populistische 5-Sterne-Bewegung (M5S) um Beppe Grillo, die in Umfragen gemeinsam mit dem PD vorne liegt, verlangt sobald wie möglich Neuwahlen. Dass Italien nach der gescheiterten Verfassungsreform kein funktionierendes Wahlrecht hat, könnte sich nun fatal auswirken. Denn die drei stärksten Kräfte im Parlament belauern sich gegenseitig. Denkbar ist vor allem eine vorübergehende Allianz zwischen Sozialdemokraten und Berlusconis Forza Italia, die versucht die demokratischen Spielregeln neu zu formen. Die Aussichten auf Erfolg dabei sind gering. Aus Furcht vor den Populisten der 5-Sterne-Bewegung werden sich die Parteien kaum auf ein Mehrheitswahlrecht einigen, bei dem nach Wahlen ein klarer Sieger feststeht. Die Alternative ist ein Verhältniswahlrecht mit wackeligen Mehrheiten. Italien kennt dieses Leid seit Jahrzehnten. Echte Veränderungen sind deshalb bis auf Weiteres nicht in Sicht. Das Land droht in eine politische Dauerkrise und damit in Stillstand zurück zu fallen. Bis die Investoren den Daumen über Rom senken, wäre es dann nur eine Frage der Zeit.

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