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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Bundeswehr-Skandal weitet sich aus Von der Leyens Lebensaufgabe Dieter Wonka, Berlin

Bielefeld (ots)

Nach dem selbst inszenierten Kommunikationsdesaster bei der Debatte um Extremismus in der Bundeswehr hat Ursula von der Leyen jetzt ein wirklich großes Problem. Franco A., der in U-Haft sitzende Oberleutnant, war offensichtlich kein durchgeknallter Einzelextremist. Er hatte wohl Mitaktivisten in der Truppe, zumindest geht die Bundesanwaltschaft davon aus. Sie haben offenbar das Zeug gehabt, ein militärischer Arm für jene rassistische Gedankenwelt zu sein, die in den vergangenen Monaten viele Stichworte erhielt - bis hin zu den bewusst missverständlichen "Denkanstößen" eines Björn Höcke. Hinweise auf Munitionsdepots, auf Kampf- und Ausbildungsschriften für eine Stadtguerilla, Notizen über Waffen und deren Nutzung, menschenverachtende Pamphlete sprechen für einen dringenden Verdacht. Auch in der Bundeswehr gibt es Gedanken an einen Kampf gegen Fremde, gegen andere Kulturen und gegen Menschlichkeit. Die Sache ist mit den ersten Verhaftungen nicht geregelt. Militärisches Gerät übt auf schwache Geister eine große Anziehungskraft aus. Immerhin lässt die Ministerin erkennen, dass ihr neben der Selbstverteidigung auch die wirkliche Herausforderung ein Anliegen ist - und zwar ohne Rücksicht auf Korpsgeist, das Ansehen von Führungspersonal und den möglichen Kollateralschaden bei der Suche nach qualifiziertem soldatischem Nachwuchs. Von der Leyen verzichtet inzwischen auf ein Pauschalurteil, aber sie beharrt auf einer grundlegenden Neubesinnung auf demokratischen Tugenden und Traditionen in der Truppe. Das ist auch dringend notwendig. Verherrlichende Wehrmachtsdarstellungen sind, falls überhaupt, dann jedenfalls nicht ohne geschichtliche und politische Einordnung zu dulden. Der aus den 80er Jahren stammende Traditionserlass für die Bundeswehr ist praxisnah zu überarbeiten, so dass die einfachen Soldaten und auch die Offiziere wissen, wie sie sich zu verhalten haben. Besser wäre es freilich, sie agierten einfach gerecht und demokratisch, so wie es sich gehört. Aber weil in den letzten Monaten viele Maßstäbe sich populistisch und extremistisch verschoben haben, ist nun auch in der Bundeswehr demokratischer Lebensunterricht notwendig. Gesicht zeigen ist machbar, ohne dass es zu einer Denunziantenarmee führt. Das ist nun für die Ministerin, ob sie will oder nicht, eine politische Lebensaufgabe geworden.

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