Neue Westfälische (Bielefeld): Amokfahrt von Münster Zuversicht statt Angst Carsten Heil
Bielefeld (ots)
Es ist, als ginge ein Aufatmen durch das Land: Ein Glück, kein Terroranschlag! Jedenfalls spricht derzeit nicht viel dafür, dass das schreckliche Ereignis in Münster vom Samstag auf einen islamistischen Anschlag zurückzuführen ist. Auch wenn die Ermittler in ihrem Urteil noch vorsichtig sind. Die Erleichterung ist verständlich, denn die Tat eines kranken oder psychisch gestörten deutschen Einzeltäters wäre ein singuläres Vorkommnis. Ein islamistischer Anschlag hätte die Angst vor weiteren Gräueltaten zur Folge, zumindest große Verunsicherung. Den Opfern und ihren Angehörigen wird es gleichgültig sein, wer den Schmerz warum über sie gebracht hat. Das Leid ist absolut und brennt sich in ihr Leben ein. Deshalb haben sie unser aller Mitgefühl. Für das Land und die deutsche Gesellschaft aber hat sich gezeigt, dass es mit solchen Krisen-Lagen umgehen kann. Die Einsatzkräfte haben nach allem, was bekannt ist, schnell, professionell und besonnen reagiert. Die Münsteraner haben sich diszipliniert verhalten, es kam keine Panik auf. Ganz anders als in München, wo im Juli 2016 ein Amokläufer im Einkaufszentrum die halbe Stadt in Aufruhr versetzte. Über den Münster-Angriff wurden nur in einigen sozialen Medien Gerüchte gestreut und unsinnige Vermutungen angestellt. Diese Medien sollte man in solchen Momenten besonders kritisch nutzen, dem dortigen Geblabbel nicht vertrauen. Vertrauen haben sollte man dagegen in die Gegenwart. Trotz der schrecklichen Tat befindet sich Deutschland nicht in einer schwierigen Zeit. Selbst wenn es ein Terror-Anschlag wäre. Auch die jetzt festgesetzten Anis-Amri-Freunde, die laut Polizei wohl einen Anschlag auf einen Berliner Halbmarathon planten, ändern daran nichts. Jede Generation hat ihre eigenen Herausforderungen. Der US-amerikanisch-kanadische Harvard-Wissenschaftler Steven Pinker hat in seinem neuen Buch "Aufklärung jetzt" erklärt, dass die Welt seit der Aufklärung (18. Jahrhundert) sehr viel besser geworden ist. Selbst im Vergleich zu den 1980er Jahren hungerten heute weniger Menschen und weniger kämen in Kriegen und Bürgerkriegen um. Das allgegenwärtige Krisengerede ist Unsinn. Deshalb ist nicht alles gut. Terror ist real und ein psychisch kranker Co-Pilot Andreas Lubitz fliegt bewusst 150 Menschen in den Tod. Das Böse ist in der Welt. Aber es darf nicht unser Leben bestimmen. Trotz der Taten von Münster, Berlin, Paris, London, Utoya usw. sollte Zuversicht unser Leben bestimmen, nicht Angst und Verzagtheit.
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