Neue Westfälische (Bielefeld): Allgemeine Dienstpflicht Gerechtigkeit Jörg Rinne
Bielefeld (ots)
Was macht den deutschen Konservatismus im Jahre 2018 eigentlich aus? Der Parteienforscher Oskar Niedermayer sieht in ihm unter anderem die Aufrechterhaltung eines starken Rechtsstaats, der vor allem der Aufgabe nachkommt, die Sicherheit seines Staatsvolkes nach innen wie nach außen zu gewährleisten. Da geht es um innere Sicherheit, um Wehrpflicht, NATO, Verteidigung. Seit 2011 gibt es die zumindest in der CDU wohlgelittene Wehrpflicht nicht mehr. Aus gutem Grund: Die Bundeswehr wurde angesichts der weltpolitischen Sicherheitslage zur professionellen Armee reformiert. Heranwachsende junge Menschen in einer Kaserne sind nicht mehr die richtige Antwort im hoch spezialisierten Antiterrorkampf oder als Abschreckung für großmannssüchtige Despoten. Die am alt hergebrachten festhaltenden Konservativen wissen dies natürlich auch. Deshalb entspannt sich in der CDU die Debatte heuer nicht allein an der Wehrpflicht - als Ziel gilt ein "allgemeines Dienstjahr". Darunter liegt die Befürchtung, dass die Gesellschaft in Deutschland ihren Zusammenhalt verliert. Eine durchaus spürbare Angst. Partikularinteressen bestimmen in weiten Teilen der Bevölkerung längst den Alltag. Sei es am Arbeitsplatz, im Straßenverkehr und manchmal sogar in Partnerschaft oder Familie. Die Vorstellung, diesen fortschreitenden Individualismus aufzubrechen, gesellschaftliche Schranke zumindest für ein Jahr einzureißen und damit den Blick auf Mitmenschen zu schärfen, klingt da verlockend. Doch es mischt sich schnell Argwohn in diese Gedankenwelt. Sollen mit verpflichtender sozialer Arbeit die Riesenlücken im Pflegedienst oder bei der Feuerwehr kostengünstig geschlossen werden? Prescht der konservative Flügel der Union mit der Dienstjahr-Idee vor, um potenzielle Wähler nicht an die AfD zu verlieren? Nein, Zwangsarbeit ist kein Mittel für Wahlkampf oder Lückenschlüsse. Wer sich über den Zusammenhalt unserer Gesellschaft wirklich Sorgen macht, sollte zu anderen Ergebnissen kommen. Dazu zählt an erster Stelle soziale Gerechtigkeit - in allen Lebensbereichen einer globalisierten Welt. Denn auch das ist eine Form von Konservatismus.
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