Neue Westfälische (Bielefeld): Urlaubsgeld nur noch für jeden zweiten Beschäftigten Arbeitnehmer sind mitverantwortlich Carolin Nieder-Entgelmeier
Bielefeld (ots)
Die Lohnungleichheit in Deutschland wächst und die Kluft zwischen armen und reichen Arbeitnehmern hat vor allem einen Grund - die sinkende Tarifbindung. Deutlich werden die Unterschiede auch mit Blick auf die ungleiche Verteilung von Urlaubsgeld, denn auch in diesem Bereich spiegeln sich die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt wider. Frauen, Mitarbeiter in Kleinbetrieben und Ostdeutsche haben wie in vielen anderen Bereichen auch beim Urlaubsgeld oft das Nachsehen. Während Männer, Beschäftigte in Konzernen und Westdeutsche deutlich häufiger Urlaubsgeld erhalten. Die insgesamt ungerechte Einkommensverteilung setzt sich beim Urlaubsgeld fort, ebenso wie bei anderen Extras wie Weihnachtsgeld oder beim Urlaubsanspruch. Die Wahrscheinlichkeit, ob ein Beschäftigter Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld erhält oder nicht, ist von vielen Faktoren abhängig, die größte Rolle aber spielt die Tarifbindung. Die Chance auf Urlaubsgeld ist in tarifgebundenen Unternehmen sogar fast doppelt so hoch wie in Betrieben ohne Tarifbindung. Mit Blick auf die zunehmende Tarifflucht in Deutschland, lohnt es sich offensichtlich für Unternehmen, wenn sie Arbeitsbedingungen direkt mit den Arbeitnehmern aushandeln. Und das trotz des Fachkräftemangels und der Entwicklung, dass Arbeitnehmer immer größeren Wert auf faire Arbeitsbedingungen legen. Insbesondere der Wunsch nach mehr Freizeit ist vor allem für junge Beschäftigte wichtiger als Geld. Allerdings ist auch die Höhe des Urlaubsanspruchs häufig davon abhängig, ob Unternehmen tarifgebunden sind oder nicht. Insofern tragen Arbeitnehmer auch eine Mitverantwortung für ihre Benachteiligung gegenüber tariflich bezahlten Kollegen. Organisierte Arbeitnehmer haben bessere Karten bei der Verbesserung von Arbeitsbedingungen. Doch die Mitgliederbasis der Gewerkschaften ist in vielen Branchen klein. Den Gewerkschaften gelingt es nicht, sich die tariffreien Teile des Arbeitsmarktes zurückzuerobern. Das liegt auch daran, weil Flexibilität fehlt. Gewerkschaften müssen berücksichtigen, dass nicht so gut aufgestellte Unternehmen Lohnsteigerungen und andere Extras oft nicht aufbringen können. Deshalb müssen Ausnahmen in Tarifverträgen leichter umgesetzt werden können und wirtschaftliche Entwicklungen mehr beachtet werden.
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