Parteitag wählt neuen Vorsitzenden¶ CDU am Scheideweg¶
Bielefeld (ots)
Thomas Seim¶ Selten ist die grundsätzliche Entscheidung über den künftigen Kurs einer Partei so stark verknüpft mit der Personalfrage gewesen wie jetzt bei der Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden. Der knappe Sieg Annegret Kramp-Karrenbauers über Friedrich Merz und die schon damals damit verbundene Richtungsentscheidung der Union hat ein wenig den Blick darauf verstellt, wie ungeübt die Union mit Kampfkandidaturen ist.Helmut Kohl war 25 Jahre Parteichef ohne Gegenkandidatur. Angela Merkel schaffte dies immerhin gut 18 Jahre. Hinter diesen Zeiten klarer Führung in der CDU sind über Jahre die klassischen Konflikte der unterschiedlichen eher national-konservativen, neoliberalen und christlich-sozialen Strömungen der Partei verborgen geblieben - und zugedeckt worden.Damit ist es nun vorbei. Alles Gerede von der Einigkeit der Kandidaten und der gemeinsamen Akzeptanz des Wahlsiegers werden schon ab Sonntag zur Makulatur werden. Der Grund dafür wird weniger in der verletzten Eitelkeit der unterlegenen Kandidaten liegen, als in dem Zielkonflikt der unterschiedlichen Politik-Modelle. Die CDU hat bislang ihr Programm für die Zukunft nicht geklärt. Als klassische alte Kanzlerpartei bezieht sie ihre derzeitige Stabilität in den Umfragen vor allem aus der Führung der Bundeskanzlerin.Dieses Format haben alle drei Kandidaten nicht. Natürlich ist auch Merkel erst im Amt gewachsen. Aber sie hatte für einen Anfang - wie übrigens auch Kohl - ein paar Jahre Zeit auf den harten Oppositionsbänken. Die Wählerinnen und Wähler haben dafür offenbar ein Gespür. Selbst die Anhänger der Union sprechen allen Kandidaten mehrheitlich die Kanzlerfähigkeit ab, wie eine neue, seriöse ZDF-Umfrage zeigt.Die CDU hat nun die grundsätzlichen Entscheidungen vor sich, die andere Parteien bereits hinter sich gebracht haben. Wenn sie Volkspartei bleiben will, muss sie eine Perspektive für die breite Mitte der Wähler und mögliche Koalitionspartner bieten. Das allerdings wird ein neuer Vorsitzender sich erst erarbeiten müssen. Alles wird davon abhängen, wie gut und wie schnell er sein Politik-Modell mit denen der unterlegenen Strömungen der Partei zusammenführen und befrieden sowie gegen die extrem rechte AfD abgrenzen kann.Das ist auch eine Frage der Stabilität in der Zukunft. Nicht nur für die CDU.
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