Bund-Länder-Beschlüsse¶ Neue Phase in der Pandemie¶
Bielefeld (ots)
Ingo Kalischek, Düsseldorf¶ Wir sind pandemiemüde, reagieren beim Thema Corona immer gereizter. Das hat die Entscheidungen von Bund und Ländern mitgeprägt. Es kommt zu Öffnungen, obwohl sich die Inzidenz nicht so entwickelt hat wie gewünscht. Das ist ein Widerspruch und aus Sicht vieler Mediziner "fahrlässig". Sie rechnen damit, dass die Infektionszahlen wieder stark steigen werden. Für viel Kritik sorgt auch, dass gelockert wird, obwohl eine klare Teststrategie noch gar nicht steht. Vor diesem Hintergrund wirken die Öffnungsschritte verfrüht.Demgegenüber gibt es aber durchaus Argumente, die Lockerungen rechtfertigen. Die Bewohner in den Alten- und Pflegeheimen in NRW sind fast vollständig geimpft. Die Ansteckungen dort gehen massiv zurück. Das ist eine sehr gute Nachricht, weil diese Menschen besonders gefährdet sind und viel zu viele dem Virus zum Opfer gefallen sind. Die Idee, dass Schnelltests im März 2021 den Ausweg aus der Pandemie einleiten sollen, kommt mehr als spät. Das heißt aber nicht, dass sie schlecht ist. Die Tests sind zu Recht mit viel Hoffnung verbunden. Sie erfordern einen enormen organisatorischen Kraftakt. Die Situation in den Kliniken hat sich entspannt - und ein vierter Impfstoff bahnt sich an. Der bisherige muss nun viel schneller verimpft werden. Mit den Öffnungen werden die Leidensrufe einiger Branchen erhört. Diese Punkte sprechen für die Öffnungen. Die Politiker leiten mit den komplexen und noch unklaren Beschlüssen eine neue Phase im Umgang mit der Pandemie ein - anhand eines Stufenplans, der jedoch auf den ersten Blick verwirrt. Im Superwahljahr werden auch die Entscheidungsträger nervös. Das zeigte ein ungewöhnlicher Disput während der Konferenz. "Sie sind nicht der König von Deutschland", soll Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zu Finanzminister Olaf Scholz gesagt haben. Und er müsse jetzt "gar nicht so schlumpfig herumgrinsen".Es entsteht der Eindruck, dass während der Corona-Beratungen zwei Kanzlerkandidaten aneinandergeraten sind, die nach Höherem streben. Das kommt einer Machtprobe für die Zeit nach Angela Merkel gleich, deren Einfluss zuletzt schwand. Zu erwarten ist, dass auch die anstehenden Wahlen zunehmend Einfluss auf den Corona-Kurs der Politiker haben werden, was durchaus problematisch wäre.Armin Laschet sagte, man müsse jetzt den Umgang mit dem Virus lernen. Die Idee, die Inzidenzen auf null zu bringen, sei nicht realistisch. Nach einem Jahr mit Corona ist auch das eine bittere Einsicht: Das Virus bleibt - trotz scharfer Einschränkungen. Insofern ist es besser, zusätzliche Schritte zu wagen, als im Lockdown zu verharren. Diese Schritte verlangen aber weiter viel Geduld, Kraft und klarere Botschaften.
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