All Stories
Follow
Subscribe to Neue Westfälische (Bielefeld)

Neue Westfälische (Bielefeld)

Die Bundesregierung und die Ukraine-Krise

Bielefeld (ots)

Die Bundesregierung und die Ukraine-Krise

Waffen für Kiew?

Von Klaus Schrotthofer

Es ist nicht lange her, dass Deutschland am Pranger stand, weil es zu viele Waffen verkaufe. Nun wird die Bundesregierung kritisiert, weil sie keine Waffen liefern will. Einen "Ansehensverlust" riskiert angeblich der Bundeskanzler, weil seine Partei die Ukraine nicht aufrüsten will. Man weiß nicht, was beängstigender ist: Der russische Aufmarsch am Don oder die Schlichtheit, mit der die Politik nun allerorten in die Logik und Rhetorik des Kalten Kriegs zurückfällt.

Zunächst: Russlands Präsident Putin hat diese Situation herbeigeführt. 100.000 Soldaten an den Grenzen der Ukraine sind eine massive Drohung. Doch es spricht einiges dafür, dass diese Provokation weniger der Ukraine selbst als vielmehr den Falken im westlichen Bündnis gilt. Seit 1990 hat sich die NATO kontinuierlich nach Osten ausgedehnt. Und es ist auffällig, mit welcher Vehemenz die USA und insbesondere die mittelosteuropäischen Staaten das Recht der Ukraine auf einen NATO-Beitritt betonen. Sie handeln dabei ohne Prokura der Mitgliedsstaaten, die einem Beitritt neuer Mitglieder aus gutem Grunde einstimmig zustimmen müssten. NATO-Mitglieder sind einander beistandspflichtig - und im schlimmsten Fall müssten dann auch deutsche Soldatinnen und Soldaten für die politischen Entscheidungen eines ehemaligen TV-Komikers im Kiewer Präsidentenpalast haften.

Waffen helfen der Ukraine jetzt am wenigsten. Egal, wie viele Panzer und Raketen man nach Kiew schaffte, es wäre der Ukraine unmöglich, gegen eine der größten Armeen der Welt zu bestehen. Auch die NATO hat kein realistisches Konzept für einen regionalen Konflikt mit unmittelbarer Beteiligung Russlands - sie bezieht ihr Abschreckungspotential in letzter Konsequenz aus der Androhung vollständiger gegenseitiger Vernichtung.

Dieser Konflikt wird also nur mit Diplomatie und wirtschaftlicher Macht gelöst werden können. Es ist klug, dass die Regierungspartei SPD beides nutzen will. Eine gewaltsame Veränderung von Grenzen darf auch künftig keine Option sein. Russland muss deshalb gezwungen werden, das Völkerrecht zu respektieren. Aber ein wirklich fairer Interessenausgleich wird auch Kiew Zugeständnisse abverlangen. Vielleicht ist es hilfreich, nach Finnland zu schauen. Das skandinavische Land sicherte einst seine Unabhängigkeit von Russland, indem es sich zu einer strikten Neutralität zwischen den Militärblöcken verpflichtete. Diese Neutralitätsverpflichtung gilt bis heute - und verhinderte nicht, dass sich Finnland als Mitglied der EU wirtschaftlich entwickeln konnte.

Sicher ist: Mit ernsthaften Gesprächen über eine solche Sicherheitsarchitektur würden Kanzler Scholz und sein französischer Partner Macron mehr für den Frieden leisten als all jene, die jetzt so lautstark nach Kanonen rufen.

Pressekontakt:

Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de

Original content of: Neue Westfälische (Bielefeld), transmitted by news aktuell

More stories: Neue Westfälische (Bielefeld)
More stories: Neue Westfälische (Bielefeld)
  • 25.01.2022 – 18:57

    Union-Fraktionschef Brinkhaus für Partei-Ausschlussverfahren gegen Otte

    Bielefeld (ots) - Union-Fraktionschef Brinkhaus für Partei-Ausschlussverfahren gegen Otte Berlin. Der Fraktionsvorsitzende von CDU und CSU im Bundestag, Ralph Brinkhaus, begrüßt ein Partei-Ausschlussverfahren gegen Max Otte, den Chef der erzkonservativen Werte-Union. Otte hatte erklärt, er werde für die AfD als Kandidat für das Bundespräsidentenamt antreten. ...

  • 16.01.2022 – 18:00

    SPD-Vize: Impfpflicht ist Gewissensfrage wie Sterbehilfe-Gesetz und Abtreibungsrecht

    Bielefeld (ots) - Der Chef der SPD in NRW, Thomas Kutschaty, spricht sich dafür aus, dass die Entscheidung für oder gegen eine Impfpflicht aus der Mitte des Parlaments getroffen werden soll. Es handele sich bei einer allgemeinen Impfpflicht um einen körperlichen Eingriff, der mit Blick auf die Verantwortung eines ...

  • 16.01.2022 – 18:00

    SPD-Vize: Wüst kneift bei Impfpflicht / NRW spielt bundesweit keine Rolle mehr

    Bielefeld (ots) - NRW-Landesparteichef Thomas Kutschaty, der zugleich stellvertretender Bundeschef der SPD ist, unterstellt NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in der Debatte um die allgemeine Impfpflicht wahltaktisches Kalkül. Wüst könne über den Bundesrat einen eigenen Gesetzentwurf für die Impfpflicht einbringen. "Das tut er aber nicht. Stattdessen ...