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Juncker gegen schnellen EU-Beitritt der Ukraine
Ehemaliger EU-Kommissionspräsident kritisiert westliche "Selbstgeißelung"

Bielefeld (ots)

Bielefeld. Mit Blick auf einen möglichen EU-Beitritt der Ukraine hat der ehemalige Kommissionspräsident der Europäischen Union, Jean-Claude Juncker, davor gewarnt, dem Land allzu große Hoffnungen zu machen. In einem Gespräch mit der in Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen (Freitagausgabe) sagte Juncker, zunächst müssten "die Grundvoraussetzungen für eine Mitgliedschaft erfüllt sein, allen voran die Korruptionsbekämpfung". In der aktuellen Situation sollten Brüssel und Kiew "andere Formen der Zusammenarbeit finden".

Zum ersten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine kritisierte Juncker eine westliche "Selbstgeißelung". Manchmal könne er "nur staunen, wie sich westliche Staaten selbst vorwerfen, dass sie diese Aggression nicht hatten kommen sehen", sagte der Luxemburger Christdemokrat. "Was wäre denn passiert, wenn wir uns vor zehn Jahren dazu entschieden hätten, uns vom russischen Gas zu lösen? Was wäre passiert, wenn wir in der EU massiv aufgerüstet hätten? Wir wären der Kriegstreiberei bezichtigt worden."

Trotz der energiepolitischen Verflechtungen habe Angela Merkel (CDU) während ihrer Kanzlerschaft "nie vor Putin gekuscht", die Gespräche mit dem russischen Präsidenten seien "immer ein offener Schlagabtausch" gewesen. Juncker zeigte sich grundsätzlich bereit, eigene Fehler zu erkennen. "Ich bin aber nicht bereit, in den Fehlern einen Kriegsgrund zu sehen. Dieser Krieg ist durch nichts zu rechtfertigen."

Die Kritik an der häufig als zögerlich empfundenen deutschen Außenpolitik wies Juncker zurück. Er sei "überhaupt nicht der Auffassung, dass man in einem derart schwierigen Umfeld mit Schnellschüssen reagieren sollte", sagte der frühere Europapolitiker. "Ich bin dafür, dass diejenigen, die Verantwortung tragen, nicht zögerlich, aber doch umsichtig zu Werke gehen. Ich beschimpfe nicht jemanden, der nachdenkt, bevor er schießt."

Zugleich sprach sich Juncker für Waffenlieferungen an die Ukraine aus - trotz der Debatte um eine mögliche Eskalation. "Wenn einer eskaliert, dann Putin", betonte Juncker, der Putin häufig zu Gesprächen getroffen hat: "Putin hat die Ukraine überfallen." Wer jetzt Waffen an Kiew liefere, sei "nicht Kriegspartei, sondern hilft einem Land, das rechtswidrig angegriffen wurde".

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