Wissenschaftler: Eine schlechte Kindheit führt nicht zwangsläufig zu verkorkstem Leben
Bedeutung der Gene liegt bei mindestens 50 Prozent
Hamburg (ots)
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen nach einem Bericht der Zeitschrift FÜR SIE, dass die Veranlagung bei der Persönlichkeitsentwicklung eine weitaus größere Rolle spielt als bisher angenommen. Eine Untersuchung der Universität Bielefeld komme zu dem Schluss, dass es zu mindestens 50 Prozent an den Genen (Erbanlagen) liegt, ob ein Mensch gesellig oder muffig, emotional stabil oder labil ist. Einen Teil ihrer Persönlichkeit bringen danach die Kleinen bei der Geburt mit auf die Welt. "Es gibt einen Trend, die Schuld für eigene Probleme in der Vergangenheit zu suchen", zitiert das Blatt die Diplompsychologin Ursula Nuber. Mehrere Studien bewiesen aber inzwischen, dass die Menschen keineswegs dazu verurteilt seien, ein Leben lang an den ihnen in der Kindheit zugefügten Wunden zu leiden. Es gebe keine ideal verlaufende Kindheit, meint Nuber. Jeder Mensch werde in den ersten Lebensjahren enttäuscht, frustriert, viele würden von ihren Eltern psychisch oder physisch missbraucht. "Das bedeutet aber nicht, dass alle mit Neurosen und Psychosen durchs Leben gehen."
Eine Untersuchung des Erlanger Psychologen Friedrich Lösel zeigt laut FÜR SIE-Bericht, dass von 146 Jugendlichen, die in Heimen aufgewachsen waren, später 80 Verhaltensauffälligkeiten aufwiesen. Die übrigen 66 hätten sich dagegen völlig normal entwickelt. "Natürlich geht eine schwere Kindheit nicht spurlos an den Betroffenen vorbei", erklärt Nuber. Es sei schmerzhaft für ein Kind, wenn es schon früh die Erfahrung mache, ganz auf sich allein gestellt zu sein. "Trotzdem weiß man, dass viele Betroffene später glückliche Partnerschaften, ein erfülltes Berufsleben und Kinder haben, die sich ganz normal entwickeln."
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