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Starkes Signal
Kommentar von Andreas Härtel zur Ukraine

Mainz (ots)

Olaf Scholz selbst hat in der Vergangenheit die Erwartungen an einen Besuch in der Ukraine hochgeschraubt. Wenn er nach Kiew reise, müsse es dabei um "ganz konkrete Dinge" gehen, hat er betont. Man durfte also gespannt sein, was die Staats- und Regierungschefs der drei europäischen Schwergewichte Italien, Frankreich und Deutschland sowie Rumäniens am Donnerstag im Gepäck hatten. Heraus kam am Ende ein starkes Signal der europäischen Solidarität, indem sich der Bundeskanzler und der französische Präsident offen dafür aussprachen, der Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu gewähren. Zuletzt hatte es dazu unterschiedliche Positionen in der EU gegeben. Doch hat sich Macron mit seinem Vorschlag für eine "europäische politische Gemeinschaft" nicht durchsetzen können. Diese Art Wartehalle für später hätte aber auch niemals ein gleichwertiges Signal senden können. An diesem Freitag berät nun die EU-Kommission darüber, ob das Land wirklich EU-Beitrittskandidat werden soll, kommende Woche folgt ein EU-Gipfel, und es sollte nun klar sein, wohin die Reise geht: Die Ukraine soll zur europäischen Familie gehören. Scholz persönlich dürfte es damit gelungen sein, in der Ukraine nach dem langen Streit um Waffenlieferungen und um den Kiew-Besuch Vertrauen zurückzugewinnen. Allerdings: Mehr als das starke Signal der Solidarität kann das Ganze vorerst nicht sein. Da gibt es zum einen viele praktische Probleme. Denn wie soll ein Beitrittsverfahren vollzogen werden, wenn wie derzeit ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets von den russischen Aggressoren besetzt ist? Offen bleibt auch, welche Kriterien die EU an Kiew anlegen will - denn eine Musterdemokratie war die Ukraine auch schon vor Beginn des Krieges wahrlich nicht. Zum anderen birgt die Entscheidung auch Risiken - vor allem weil die EU den Balkan mit der Zusage an die Ukraine verärgern könnte. Zwar kann man getrost davon ausgehen, dass Scholz auf seiner Balkan-Reise vergangene Woche ausgelotet hat, wie viel Ärger droht. Dennoch könnten sich Länder wie Albanien, Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina und Kosovo, die schon länger in die EU drängen, übervorteilt fühlen. Und das in einer Phase, in der die Region ohnehin wieder zum Pulverfass zu werden droht: Die Versuche Russlands, mithilfe des serbischen Nationalisten Dodik Unruhe auf dem Balkan zu schüren, sind brandgefährlich. Sollte sich dieser Konflikt entzünden, wäre es nicht wie in der Ukraine ein Konflikt vor den Außengrenzen der EU, sondern mittendrin, in einem Gebiet, das von EU-Staaten umgeben ist.

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