BDI Bundesverband der Deutschen Industrie
BDI-Präsidium: schlechte Wirtschaftslage erhöht Reformdruck
Berlin (ots)
"Deutschland befindet sich in einer leichten Rezession, nicht jedoch in einer wirtschaftlichen Krise", erklärte das Präsidium des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) am Montag in Berlin. Die Konjunktur sei deutlich abwärts gerichtet und das Geschäftsklima nachhaltig eingetrübt. Die deutsche Wirtschaft stünde jedoch auf einem soliden Fundament. Bei allen abwärts gerichteten Indikatoren gäbe es auch Lichtblicke für einen sich abzeichnenden Wiederaufschwung im zweiten Halbjahr des kommenden Jahres. Die weltweiten, teilweise massiven Zinssenkungen, umfangreiche Maßnahmen zur Konjunkturankurbelung in den USA und das deutlich verbesserte Preisklima würden ihre Wirkungen nicht verfehlen. Entscheidend sei, wie schnell Konsumenten, Unternehmen und Anleger wieder Vertrauen in eine stabile Entwicklung schöpfen würden. Vertrauensstabilisierung sei daher auch die Hauptaufgabe der Wirtschaftspolitik in dieser Zeit.
Die angespannte wirtschaftliche Lage und die ungewisse Zukunft bestätigten den wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf. Sie legten die Probleme offen zutage und erhöhten den Druck, die notwendige wirtschaftspolitische "Rosskur" energisch anzugehen. Gefragt seien keine kurzfristig angelegten wahltaktischen Strohfeuerprogramme, sondern eine mittel- bis langfristig angelegte Wachstumspolitik. Wichtig sei daher zunächst, den Policy-Mix aus Lohn-, Geld- und Fiskalpolitik zu optimieren. Nachdem die europäische Zentralbank mit ihren deutlichen Leitzinssenkungen vorausgegangen ist, sei nun vor allem die Lohnpolitik am Zuge. Schon das Gerede über harte Lohnrunden und kurze Vertragslaufzeiten sei Gift für die Konjunktur. Lohnanpassungen, die den Produktivitätsspielraum nicht ausschöpften, seien der richtige Weg zu mehr Beschäftigung. Das Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerb müsse hier seine Orientierung gebende Rolle für eine moderate Lohnpolitik der kommenden Jahre fortsetzen. Der mittelfristig angelegte Weg zur weiteren Haushaltskonsolidierung dürfe auf keinen Fall verlassen werden. Dennoch sei es gerechtfertigt, konjunkturell bedingte zusätzliche Defizite vorübergehend hinzunehmen, sofern dadurch die Maastricht-Kriterien nicht überschritten würden.
Weiterhin sei es jetzt vordringlich, so das BDI-Präsidium, die seit langem offensichtlichen Strukturprobleme am Standort Deutschland endlich energisch anzupacken. Dies gelte zuallererst für den Arbeitsmarkt. Hier müsse die Bundesregierung eine radikale Abkehr von ihrer völlig verfehlten dirigistischen Arbeitsmarktpolitik vollziehen. Die von der Bundesregierung unterstellten Gestaltungsspielräume bei Arbeitsmarktregulierungen sind für die Unternehmen kostenintensiv sowie bürokratisch und so nicht umsetzbar. Aber auch im Sozialbereich duldeten die notwendigen strukturellen Reformen keinen weiteren Aufschub. Die Rentenreform müsse fortgeführt werden und in der Kranken- und Pflegeversicherung müsse mit Strukturreformen überhaupt erst einmal begonnen werden. Ferner sollten Steuererhöhungen vermieden und müssten strukturelle Nachteile im Steuersystem ausgeräumt werden. Dies gelte besonders für die weiterhin bestehende Benachteiligung von Personengesellschaften und die dringend notwendige Neuordnung der Gemeindefinanzen. Das beste Struktur- und Konjunkturprogramm zugleich wären weitere Steuersenkungen. Allerdings müssten hierzu durch eine Senkung der konsumtiven Ausgaben einschließlich der Senkung von Subventionen entsprechende Haushaltsspielräume geschaffen werden.
Ein drittes Handlungsfeld sieht das BDI-Präsidium in der weiteren Liberalisierung von Märkten und der Kostenentlastung der Unternehmen durch Deregulierung. Deutschland gelte als eine der am höchsten regulierten Volkswirtschaften der Welt. Der Staat müsse sich insgesamt mehr zurücknehmen und dem Bürger, dem Arbeitnehmer, dem Konsumenten und dem Unternehmer wieder mehr Eigenverantwortung zutrauen und auch zumuten. Mit Sorge betrachte die Wirtschaft, dass der Staat seit geraumer Zeit wieder als Kostentreiber auftrete. So seien insbesondere im Energie-, Umwelt- und Verkehrsbereich zahlreiche Regelungen beschlossen worden oder geplant, die das Kostenniveau am Produktionsstandort Deutschland deutlich ansteigen ließen. Dies sei nicht nur die falsche Medizin für die Konjunktur, sondern auch für die langfristigen Wachstumsaussichten kontraproduktiv.
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