BDI Bundesverband der Deutschen Industrie
PM 1/2020: BDI-Präsident Kempf: Saft- und kraftloses Wachstum 2020
Berlin (ots)
- Rund 80 Prozent des BIP-Plus von 0,5 Prozent wegen höherer Zahl an Arbeitstagen - Industrie fordert Investitionsoffensive als Wachstumsprogramm bis 2030 - Zu hohe Energiekosten und Steuerlast stellen Standort ins Abseits
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) rechnet mit einem schwachen Wirtschaftswachstum im neuen Jahr. "Wir erwarten nur noch eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts von 0,5 Prozent", sagte BDI-Präsident Dieter Kempf am Donnerstag in Berlin. Dies ist sogar eine noch geringere Steigerung als im gerade vergangenen Jahr. "Dieser Aufschwung ist saft- und kraftlos, das BIP-Plus eine Warnung", unterstrich Kempf. Allein 0,4 Prozentpunkte - also rund 80 Prozent des BIP-Zuwachses - ergeben sich aus der vergleichsweise hohen Zahl von Arbeitstagen 2020.
"Die Industrie steckt in einer Rezession, eine Bodenbildung ist noch nicht in Sicht", sagte der BDI-Präsident. Die Unternehmen hätten seit über einem Jahr mit Arbeitsplatzabbau und sinkender Produktion zu kämpfen. "Eine Trendwende ist kurzfristig nicht absehbar. Zusätzlich verunsichern die neuen klimapolitischen Weichenstellungen die Unternehmen."
Der BDI-Präsident forderte eine verlässlich über zehn Jahre angelegte Investitionsoffensive und ein neues Planungsrecht als Wachstumsprogramm bis 2030. "Es wäre fatal, die Zukunftsinvestitionen an einer schwarzen Null scheitern zu lassen", kritisierte Kempf. "In Deutschland wurde über Jahre zu wenig investiert, die Infrastruktur ist an vielen Stellen marode."
Der BDI halte es für inakzeptabel, dass die Bundesregierung ihre Mutlosigkeit beim Thema Investitionen hinter nicht abgerufenen Fördergeldern verstecke. Kempf: "Wenn in Deutschland mehr investiert werden muss, dann hat der Staat dafür zu sorgen, dass diese notwendigen Investitionen zeitgerecht durchgeführt und abgeschlossen werden können." Nur eine langfristig verlässliche Perspektive signalisiere allen, die planen, genehmigen und umsetzen wollen, dass es sich lohnt, die erforderlichen Kapazitäten aufzustellen.
Keineswegs dürfe die Politik ihre Unterstützung auf einzelne Leuchttürme beschränken, sagte der BDI-Präsident mit Blick auf das Bauvorhaben eines US-Autoherstellers in Brandenburg. Gefragt sei der Einsatz für jedes einzelne der Tausende weniger prominenten Projekte. Genehmigungsverfahren für Industrieanlagen hätten sich zu einem massiven Investitionshemmnis entwickelt. "Es muss aufhören, dass Partikularinteressen für die Allgemeinheit wichtige Investitionen teils über zehn oder 20 Jahre verzögern können."
Dem BDI gehe es auch darum, die Standortfaktoren für private Investitionen zu verbessern, etwa durch den Ausbau digitaler Netze. Bei Energiekosten für die Unternehmen sei Deutschland Europameister, "ein trauriger Rekord". Eine unausgegorene Energiewende verschlechtere die Produktionsbedingungen für die Industrie zusätzlich. "Kurzsichtige Klimapolitik vertreibt Unternehmen. Jeder, der dies durch seine Entscheidung riskiert, sollte deutlich sagen, dass nationale Alleingänge nicht einmal dem Klima nutzen", stellte Kempf fest. "Auch bei der Steuerlast stehen wir im EU-Vergleich im Abseits." Sie liege für Unternehmen im Schnitt bei mehr als 31 Prozent, während es im EU-Schnitt nur 22 Prozent seien. "Deutschland muss 25 Prozent anvisieren - und das noch in dieser Legislaturperiode."
Die Lage im Nahen Osten vergrößert dem BDI zufolge die Sorge um eine weiter schwächelnde Konjunktur. "Internationale Auseinandersetzungen bedrohen Welthandel und Weltwirtschaft", sagte Kempf. Auch das jüngste Abkommen zwischen den USA und China liefere nur eine Atempause und kein Ende des Handelskonflikts. Nach dem Brexit zum Monatsende sollte es darum gehen, sehr schnell die Zeit nach dem Übergang zu organisieren.
Im Systemwettbewerb mit China müsse Europa seine Marktwirtschaft vor den negativen Auswirkungen staatlich bedingter Marktverzerrungen schützen - etwa durch neue Regelungen im europäischen Wettbewerbsrecht. Für das angestrebte Investitionsabkommen zwischen der EU und China gebe es klare Forderungen der Europäer, die Peking endlich erfüllen müsse, machte der BDI-Präsident klar.
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