Lebensrettende Alternative
Wissenschaftler am Deutschen Herzzentrum der Charité (DHZC) wollen gemeinsam mit Partnern aus der Forschung und Industrie eine innovative Gefäßstütze (Stent) zur minimalinvasiven Therapie der lebensbedrohlichen Typ A-Aortendissektion entwickeln – und damit eine Alternative für die in vielen Fällen hochriskante Notoperation. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt mit 2,1 Millionen Euro.
Die akute Typ A-Aortendissektion ist ein akut lebensgefährlicher Notfall, bei dem die innerste Wandschicht der aufsteigenden Hauptschlagader direkt am Herzen einreißt. Blut dringt in den Riss ein und spaltet die Wandschichten immer weiter auf. Ohne sofortige Behandlung droht ein vollständiger Aortenriss, eine lebensbedrohliche Herzbeuteltamponade oder die Unterbrechung der Blutversorgung lebenswichtiger Organe – mit fatalen Folgen.
Derzeit gibt es als wirksame Therapie nur die komplexe Notoperation am offenen Herzen, bei der der betroffene Aortenabschnitt vollständig durch eine Prothese ersetzt wird. Doch insbesondere für ältere oder vorerkrankte Patientinnen und Patienten birgt dieser Eingriff oft ein sehr hohes Risiko.
Eine neue, minimalinvasive Therapie könnte diesen Menschen künftig eine lebensrettende Alternative bieten: Das Deutsche Herzzentrum der Charité (DHZC) will gemeinsam mit dem Institut für ImplantatTechnologie und Biomaterialien e.V. (IIB) sowie dem Medizinprodukteunternehmen VISAMED einen speziellen Stentgraft – also eine röhrenförmige Gefäßstütze – entwickeln, der über einen Katheter von der Leiste aus eingeführt wird und die gerissene Aortenwand von innen abdichtet.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt „Stentgraft für die minimal-invasive Behandlung von Aortendissektionen Typ A („InnoDiss“ – Projektnummer 13GW0720A)“ über drei Jahre mit 2,1 Millionen Euro.
Von der Leiste zum Herzen: Schonende Alternative zur offenen Operation
In anderen Bereichen der Aorta können Stents bereits minimalinvasiv eingesetzt werden, um Risse zu stabilisieren. Doch für die Aorta ascendens fehlt bisher eine passende Lösung, da ein solcher Stent extrem flexibel und innerhalb kürzester Zeit für jede Patientin bzw. jeden Patienten individuell anpassbar sein muss. Er darf weder die Gefäße zum Herzmuskel selbst noch die Abgänge zum Gehirn blockieren.
Zudem muss die Gefäßstütze auch die sogenannte „Windkesselfunktion“ der Aorta erfüllen: Den Ausgleich der starken Druckschwankungen zwischen dem Zusammenziehen des Herzmuskels (Systole) und der Entspannung (Diastole).
Expertenwissen für innovative Lösungen
Das DHZC bringt in dieses interdisziplinäre Projekt große klinische Erfahrung mit ein. Es zählt zu den europaweit nach Fallzahlen größten Zentren zur chirurgischen Behandlung der akuten Typ A-Aortendissektion.
Bereits im Jahr 2015 wurde am heutigen DHZC das „Aortentelefon“ etabliert – eine zentrale Hotline für Rettungsdienste und Kliniken. Das Team des Aortentelefons ist rund um die Uhr mit erfahrenen Fachärzt:innen besetzt und steht den Kolleg:innen des Rettungsdiensts und der erstversorgenden Kliniken bei der Diagnostik, Therapie und Organisation der Weiterverlegung zur Seite.
Unter der Leitung von Oberarzt Dr. med. Semih Buz (Leiter der Gefäßchirurgie am DHZC) zählt das DHZC auch zu den führenden deutschen Zentren für die minimalinvasive Behandlung von Aortendissektionen und Aortenaneurysmen in allen anderen Bereichen der Aorta, wie dem Aortenbogen und der absteigenden Aorta im Brust- und Bauchbereich.
„Für viele Patient:innen, die heute noch als inoperabel gelten, könnte diese Entwicklung einen Wendepunkt bedeuten“, erklärt Prof. Kempfert, Leitender Oberarzt Herzchirurgie am DHZC und Projektleiter. „Mit einem speziell für die Aorta ascendens konzipierten Stentgraft könnten wir die Überlebensrate bei dieser lebensbedrohlichen Erkrankung deutlich steigern – besonders für jene Patient:innen, die den Belastungen einer offenen Operation nicht gewachsen wären.“
Das „InnoDiss“-Forschungsteam besteht neben Prof. Dr. med. Jörg Kempfert aus dem Assistenzarzt für Herzchirurgie Dr. med. Leonard Pitts sowie Experten des IIB e.V. und der VISAMED GmbH. Mit der Förderrichtlinie „Neue Therapieoptionen durch innovative Medizintechnik“ unterstützt das BMBF gezielt die Entwicklung innovativer Medizinprodukte, die zu einer besseren Patientenversorgung beitragen sollen.
Christian Maier
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