Landwirte kritisieren Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes / Bauernverband: Kooperationen mit den Bauern entscheidend
Berlin (ots)
Die Land- und Forstwirtschaft übt harte Kritik an der geplanten Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes, die am Mittwoch voraussichtlich im Bundeskabinett verabschiedet wird. Vor Journalisten erläuterten der Vorsitzenden des Umweltausschusses des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Präsident Gerd Hockenberger, und DBV-Generalsekretär Dr. Helmut Born beim DBV-Symposium "Naturschutz und Landwirtschaft" heute in Berlin ihre Hauptkritik: Auf die praktischen Erfahrungen der Landwirte im Natur- und Umweltschutz werde zu wenig zurückgegriffen und der Vertragsnaturschutz durch Verlagerung in das Ordnungsrecht ausgehebelt. Der staatliche Naturschutz setze zu stark auf Schutzgebiete und zu wenig auf die Zusammenarbeit mit Land- und Forstwirten.
Gerd Hockenberger erklärte, die Land- und Forstwirte seien auch in Zukunft bereit, ihren Beitrag zum Naturschutz zu leisten. Sie seien sich der gesellschaftlichen Anforderungen an die Bauern sehr wohl bewusst. Und sie seien selbstbewußt genug zu sagen, dass die Kulturlandschaft mit ihrer großen Arten- und Biotopvielfalt über Jahrhunderte hinweg von ihnen geschaffen wurden. Hockenberger: "Wir sind auch in der Lage, diese Vielfalt in Zukunft zu erhalten."
DBV-Generalsekretär Dr. Helmut Born bemängelte, in der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes seien keine Strategien für einen wirkungsvollen Naturschutz in Zusammenarbeit mit der Land- und Forstwirtschaft erkennbar. Mit der Novelle setze das Bundesumweltministerium leider auf Konfrontation statt auf Kooperation. "Wir haben konstruktive Vorschläge gemacht, wie zukünftig Landwirtschaft und Naturschutz erfolgreich und ideologiefrei zusammenarbeiten können", erklärte Born. Die Vorschläge für eine flexiblere Regelung des Ausgleichs von Eingriffen in Natur und Landwirtschaft seien vom Bundesumweltministerium aber nicht ausreichend aufgegriffen worden.
An vier Punkten machte Born die Kritik der Land- und Forstwirte fest: Der Berufsstand sei sich mit Bundesumweltminister Trittin einig, dass eine Stärkung des Vertragsnaturschutzes die wirksamste Maßnahme für effizienten Naturschutz sei. Doch der bisherige Entwurf der Novelle weise in eine andere Richtung. Der Vertragsnaturschutz werde durch mehr Ordnungsrecht geschwächt. Er verwies auf den Symposiums-Vortrag des Vorstandsmitgliedes von BUND, Gerhard Kneitz. Dieser erklärte, die Erfahrungen mit dem Eifelprojekt des Bauernverbandes zeigten die hohe Bedeutung des Vertragsnaturschutzes für die Erhaltung artenreicher Kulturlandschaften. Im DBV-Eifelprojekt, das die Deutsche Bundesstiftung Umwelt als Modellprojekt gefördert hat, wurde unter anderem die Akzeptanz des freiwilligen Vertragsnaturschutzes durch die Landwirte untersucht. Insgesamt beteiligen sich über 1.000 Landwirte mit knapp 7.000 Hektar an den Naturschutzprogrammen. Mit der Verknüpfung von Ökologie und Ökonomie wurden regionale Vermarktungsansätze initiiert. Die Akzeptanz unter den Landwirten sei hoch, so Kneitz, lasse sich doch ein Beitrag zur Erhaltung der Pflanzen- und Tierwelt mit einem Einkommensbeitrag aus dem Betriebszweig "Naturschutz" verbinden.
Eine weitere Regelung, die deutlich den Konfrontationskurs mit der Landwirtschaft zeige, sei der Ausgleich für Leistungen im Naturschutz. Nach Ansicht des Bundesumweltministeriums soll dieser Ausgleich von den Bundesländern geregelt werden und nicht mehr die gute fachliche Praxis als unverrückbare Messlatte zum Maßstab haben. Die Folge wäre, dass der Ausgleich für Leistungen im Naturschutz zukünftig von der Kassenlage der Bundesländer abhänge. Dies lehnt der Deutsche Bauernverband ab. Denn eine solche Regelung würde unwillkürlich zu Wettbewerbsverzerrungen innerhalb Deutschlands führen.
Der Bauernverband bemängelte die Festschreibung von Kriterien der guten fachlichen Praxis im Naturschutzgesetz. Sie sei falsch, da die gute fachliche Praxis heute schon umfassend in den landwirtschaftlichen Fachgesetzen geregelt sei und eine umwelt- und naturverträgliche Landbewirtschaftung sicherstelle. Mit der Festschreibung wären bestehende Agrarumweltprogramme zudem nicht mehr förderfähig und EU-Mittel würden verloren gehen. Born: "Dies wäre ein klassisches Eigentor, will die Bundesregierung mit ihrer neuen Agrarpolitik doch gerade die zweite Säule der Agrarpolitik stärken."
Mit der Novelle des Naturschutzgesetzes wolle das Bundesumweltministerium offensichtlich Masse statt Klasse im Naturschutz erreichen. Mit ihr solle dem Absolutheitsanspruch des Naturschutzes und dem "Fläche machen" Vorrang gegeben werden. Born: "Naturschutz ist für eine lebenswerte Gesellschaft und auch für unsere Landwirtschaft so elementar wichtig, dass intelligentere, innovative Wege gefunden werden müssen." Die Bauern seien dazu bereit und Dank einer leistungsfähigen Nahrungsmittelerzeugung und intakter Agrarökosysteme auch in der Lage.
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