Gesellschaft ist auf gute Agrar- und Ernährungsforschung angewiesen / Sonnleitner: Finanzielle Grundlagen dürfen nicht geschwächt werden
Bonn (ots)
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Gerd Sonnleitner, hat bei der Vorstellung der "Bonner Erklärung" zur Zukunft der Agrarforschung davor gewarnt, die finanzielle Grundlage der Agrar- und Ernährungsforschung zu schwächen. Angesichts der gewaltigen Herausforderungen, die mit der Bekämpfung des Hungers und mit steigenden Anforderungen im Verbraucher-, Umwelt- und Tierschutz einher gehen, wäre es fatal, auf die Erkenntnisse der Wissenschaft zu verzichten. Sonnleitner: "Aufgabe der Agrar- und Ernährungsforschung ist es heute, mitzuhelfen, die Rohstoffvorräte der Erde für die Nahrungsmittelerzeugung und die Produktion nachwachsender Rohstoffe nachhaltig zu nutzen."
Die BSE-Krise oder das MKS-Desaster in England hätten gezeigt, dass die Lösungskompetenz der Agrar- und Ernährungsforschung gebraucht werde. Die Herstellung der Lebensmittel erfolge heute arbeitsteilig in der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit - ganz im Mittelpunkt des aktuellen öffentlichen Interesses - müssten deshalb gemeinsam von der gesamten Produktionskette getragen und von der Wissenschaft begleitet werden. Produktqualität und Produktsicherheit erforderten mehr Wissen um biologische und biochemische Zusammenhänge. Auch eine nachhaltige Ökoproduktion oder eine moderne Ernährungsberatung seien ohne Wissenschaft nicht machbar.
Gerade die BSE-Krise habe auch deutlich gemacht, wie notwendig eine bessere Forschungskoordination ist. Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn liege mit ihrem Konzept vernetzter, konzentrierter und gebündelter BSE-Forschung richtig. Nicht erst Krisen dürften aber Auslöser einer derartigen Forschungskoordination sein. Gebraucht würden bundesländer- und grenzüberschreitende Kooperationsmodelle und die Errichtung von Kompetenzzentren. Auch die Deutsche Forschungs-Gesellschaft und andere maßgebende Institute dürften keinen Bogen um die Agrarforschung machen.
"Wir brauchen den intensiven Wissenstransfer zwischen den Forschungseinrichtungen und den Unternehmen der Agrar- und Ernährungswirtschaft und ihren Beratungseinrichtungen", erklärte Sonnleitner. Die Ergebnisse der Hochschulforschung und die Kompetenz der Wissenschaftler müssten für die Entwicklung der Gesellschaft und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft noch besser genutzt werden. Dazu sei der Dialog mit Praxis und Beratung und der Personalaustausch auf allen Ebenen zu intensivieren.
Sonnleitner erläuterte anhand mehrerer Beispiele, welche positiven Auswirkungen die Agrar- und Ernährungsforschung in der Vergangenheit hatte. Die Ergebnisse der Agrarforschung führten neben einer kontinuierlichen Steigerung der Produktivität zu stetigen Verbesserungen im Umwelt- und Tierschutz. Ohne die agrikulturchemische Forschung wäre der Stickstoffhaushalt des Bodens für den Landwirt weiterhin eine black box mit nicht abschätzbaren Folgen für Lebensmittelqualität und Trinkwasser. Die Forschung habe dem Ackerbauer Kenntnisse über den komplizierten Jahresverlauf des Stickstoffgehaltes in seinem Acker geliefert. Folge der daraus entwickelten Düngungsstrategie: Seit 1985 seien die Stickstoff-Überschüsse um 35 Prozent gesunken.
Ohne angewandte Agrarforschung wäre der satellitengestützte Einsatz von Düngung und Pflanzenschutz nur eine Vision und keine Realität. Der technische Fortschritt ermögliche es der Landwirtschaft, die Ammoniakbelastung der Luft bei der organischen Düngung zu minimieren. Gezielte Fütterung in der Tierhaltung sorge ebenfalls für ein Mehr an Umweltschutz. Sonnleitner: "Dank der Forschung bei Züchtung und Anbautechnik wachsen heute auf einem Hektar Winterweizen mit 100 Doppelzentner Ertrag etwa 75.000 Mischbrote á 1 Kilogramm. 1950 war dazu noch die vierfache Fläche notwendig."
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