Besorgt, hilfsbereit und oft überfordert
Den richtigen Weg in der Unterstützung psychisch kranker Angehöriger finden
München (ots)
Angehörige sind eine wichtige Stütze im Leben psychisch kranker Menschen. Allerdings kann aus Sorge um und Verantwortung für ein krankes Familienmitglied schnell seelische und körperliche Überforderung werden. Dann benötigen Angehörige psychisch Kranker benötigen selbst Hilfe.
Rund jeder Dritte in Deutschland hat einen Angehörigen mit einer psychischen Erkrankung. Die Hälfte derjenigen, die an einer psychischen Erkrankung leiden, lebt zuhause bei der Familie. Das Übernehmen von zusätzlichen Aufgaben im gemeinsamen Alltag führt häufig zu einer Überlastung der sich kümmernden Person. Die Gefahr, sich dabei selbst zu verlieren oder dass die Sorge um den Bruder oder die Partnerin zur Lebensaufgabe wird, ist groß.
Balance zwischen Unterstützung und Abgrenzung finden
Die Unterstützung von psychisch kranken Angehörigen ist ein ständiger Balanceakt zwischen der Wahrnehmung fremder Bedürfnisse und der Selbstfürsorge. Erst wenn das eigene Wohlbefinden sichergestellt ist, kann und sollte der Blick auf das Gegenüber gerichtet werden. Wird das eigene Leben über längere Zeit zu stark vernachlässigt, laufen Angehörige psychisch kranker Menschen Gefahr, aufgrund der Belastung selbst zu erkranken. Etwa 40 bis 60 Prozent der Angehörige entwickeln selbst psychische Krankheiten oder körperliche Beschwerden und Erkrankungen. Die Unterstützung so in den Alltag einzubauen, dass Hobbies, Freunde und eigene Routinen nicht vernachlässigt werden, ist der erste Schritt in Richtung einer gesunden und ausgewogenen Lebensweise mit dem erkrankten Familienmitglied.
Genauso individuell wie die Gestaltung der Selbstfürsorge ist das Spektrum professioneller Hilfsangebote. Da jedes Familienmitglied die psychische Belastung anders verarbeitet, ist es sinnvoll, auch an dieser Stelle das passende Angebot für sich auszuwählen. Die Angebote reichen von Ratgeber-Büchern über telefonische, digitale oder persönliche Beratungsstellen und Angehörigen-Selbsthilfegruppen bis hin zu gemeinsamer Paar- oder Familientherapie mit dem psychisch kranken Angehörigen. Um die Symptome und das Verhalten einordnen zu können, ist es wichtig, umfassend über das jeweilige Krankheitsbild und die Behandlungsmöglichkeiten informiert zu sein. Angehörige psychisch kranker Menschen können in Einzelgesprächen mit Psychiatern oder in Informationsveranstaltungen eine Psychoedukation durchlaufen, bei der sie sich dieses Expertenwissen aneignen.
Die Rollen Angehöriger psychisch Erkrankter: Alltagsbegleiter, Motivator und Bevollmächtigter
Angehörige psychisch erkrankter Menschen durchlaufen meist unterschiedliche Phasen der Krankheitsverarbeitung. Zunächst sind sie verunsichert, versuchen die Symptome einzuordnen und wissen nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Oftmals wird die Situation auch verharmlost, verdrängt oder verleugnet, was bei den Betroffenen Gefühle von Unverstanden- und Alleinsein hervorruft. Auf diese Phase folgt die allmähliche Akzeptanz der Situation, in der die Angehörigen den Betroffenen in der Krankheitsbewältigung unterstützen. Im weiteren Verlauf kann die Erkrankung verschwinden oder soweit zurückgehen, dass die Familie mit dem erkrankten Familienmitglied gut leben kann. Auch Rückfälle in eine neue Krankheitsphase sind nicht unüblich.
Je nach Dauer und Schwere der Erkrankung, ist die Intensität der Unterstützung unterschiedlich. In manchen Fällen ist ein psychisch Erkrankter so stark beeinträchtigt, dass die Krankheit seine Entscheidungsfähigkeit lähmt. Das kann seine Gesundheitsvorsorge, finanzielle oder rechtliche Angelegenheiten oder den eigenen Wohnort betreffen. In dieser Hinsicht können Betroffene selbst Vorsorge mithilfe einer Vorsorgevollmacht treffen, die dem Bevollmächtigten Entscheidungsbefugnis im Interesse des Betroffenen bei schwerer psychischer Erkrankung erteilt. Für den Fall, dass sich ein Angehöriger ab einem gewissen Zeitpunkt mit der Betreuung überfordert fühlt, kann ein Berufsbetreuer eingesetzt werden.
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