Gurtmuffel müssen Anschnallpflicht verbessern
2. Internationales DEKRA Symposium zur Sicherheit von Nutzfahrzeugen:
Neumünster (ots)
Die passive Sicherheit von Nutzfahrzeugen stand im Mittelpunkt der Beiträge und Diskussionen auf dem 2. Internationalen DEKRA Symposium am 5. und 6. Oktober 2000 in Neumünster. In sechs Sessions mit 19 hochkarätigen Fachreferaten informierten sich rund 120 Teilnehmer aus Europa und Japan unter anderem über Strukturmerkmale und neue Sicherheitssysteme von Nutzfahrzeugen und über Aspekte der Ladungssicherung. Eine Fahrzeugausstellung und Crashtests auf dem Testgelände des DEKRA Crashzentrums unterstrichen den Praxisbezug der Veranstaltung. "Das DEKRA Symposium bietet für Hersteller und Transportwirtschaft ein wichtiges Forum, um neueste Erkenntnisse zur Sicherheit von Nutzfahrzeugen unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte zu diskutieren", so Klemens Große-Vehne, Vorsitzender der Geschäftsführung der DEKRA Automobil GmbH.
Dauerbrenner Sicherheitsgurt "Bei einer Gurtanlegequote von nur fünf Prozent in schweren und etwa zehn bis 20 Prozent in leichten Nutzfahrzeugen sind vor allem Fahrer und Fahrzeughalter in der Pflicht", mahnte Große-Vehne im Zusammenhang mit dem Dauerbrenner-Thema Anschnalldisziplin. "Wir fordern dies in dem Bewusstsein, dass das Nutzfahrzeug der Arbeitsplatz des Fahrers ist. Ihn vor Verletzungen zu bewahren, hat deshalb einen besonders hohen Stellenwert". Darüber hinaus spielen auch wirtschaftliche Gründe eine wichtige Rolle. "Wenn ein nicht angegurteter Fahrer bei einem Umsturz heraus geschleudert wird, nützt auch das beste Fahrerhaus nichts. Zu einem professionellen Verhalten gehört das Anlegen des Sicherheitsgurtes", appellierte auch Gerhard Rieck von der MAN Nutzfahrzeuge AG an die Eigenverantwortung der Fahrer.
Transporter immer wichtiger Einer der Schwerpunkte des Symposiums betraf die sogenannten Transporter. Im Zeitalter des e-Commerce werden zunehmend kleinere Fahrzeuge im Verteilerverkehr eingesetzt, um die bestellten Waren bis zur Haustür zu liefern. Dabei verlangt der Wettbewerb vom Transportgewerbe Effizienz, Zuverlässigkeit und eine wirtschaftliche Transportleistung. Entsprechend dem höheren Verkehrsaufkommen ist auch die Unfallbeteiligung von leichteren Nutzfahrzeugen gestiegen. Dies war für F. Alexander Berg, Leiter Unfallforschung/Crashzentrum der DEKRA Automobil GmbH, Anlass, das Unfallgeschehen von Transportern zu untersuchen. Transporter werden in den amtlichen Statistiken nicht als eigene Fahrzeugkategorie geführt. Sie sind in der Gruppe der Güterkraftfahrzeuge zwischen Lkw und Pkw-Kombi angesiedelt. "Erste Erkenntnisse zum Unfallgeschehen mit Transportern können der amtlichen Statistik hilfsweise über das Fahrzeuggewicht entnommen werden", so Walter Niewöhner von der DEKRA-Unfallforschung. Weitere detaillierte Untersuchungen werden auf der Basis von Einzelfallerhebungen durchgeführt. Zwar sind moderne Transporter inzwischen mit beachtlichen Sicherheitsausstattungen wie Front- und Seitenairbags ausgerüstet, aber auch hier fehlt sehr häufig die Grundsicherung durch Anlegen des Sicherheitsgurtes.
Aspekte der Unfallrettung Auffahrunfälle - bei Unfällen mit schwerverletzten Lkw-Insassen einer der häufigsten Unfalltypen - erfordern häufig ein Aufschneiden der Kabine. Schwere Lkw der neuesten Generation verfügen über strukturverbesserte, steife Kabinenkonstruktionen. Für das Rettungspersonal sind deshalb bei der Bergung verunglückter Lkw-Fahrer spezielle Kenntnisse notwendig. Christof Linde von der Feuerwehr Neuss berichtete über entsprechende Probleme, die durch eine enge Kommunikation zwischen Fahrzeughersteller und Rettern gelöst wurden. "So konnten schon in der Entwicklungsphase Modifikationen eingeplant werden, die eine patientengerechte und rasche Rettung ermöglichen". Kleine Strukturänderungen mit besonderen Punkten zum Ansetzen der Rettungsscheren können im Unglücksfall mitunter lebensrettend sein.
Ladungssicherung auch auf kurzen Strecken Die fachgerechte Sicherung der Ladung, auch auf kurzen Strecken, kann Unfallfolgen mindern oder ganz vermeiden. Doch sie kostet Zeit und Geld. Zusätzliche Investitionen in die Sicherheit sind für die Transportunternehmen schwerwiegende Entscheidungen, muss ihnen doch der Spagat zwischen Sicherheit und Wirtschaftlichkeit gelingen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Untersuchungen und Fachveranstaltungen, die von der DEKRA Unfallforschung und weiteren Partnern durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass Sicherheit und Wirtschaftlichkeit sich nicht ausschließen müssen. Nicht zuletzt hat aber auch die Fahrzeug- und Zubehörindustrie dazu beigetregen, dass heute wirtschaftliche Lösungen zur Sicherung der Ladung vorhanden sind.
Partnerschutz gewinnt an Bedeutung Zunehmend steht der Partnerschutz im Fokus der Fahrzeughersteller. Während bei Kollisionen zwischen Lkw und Pkw die Folgen für den Lkw-Fahrer auch bei hoher Pkw-Geschwindigkeit meistens unkritisch sind, bestehen besondere Gefahren für die Insassen im Pkw. Uwe Sasse vom Fahrzeugwerk Krone GmbH stellte in seinem Vortrag die Sicherheit eines besonderen Plankenrahmen-Aufliegers vor. Ein vollständig verkleideter Außenrahmen vermindere durch seinen stabilen Rammschutz die Unfallfolgen bei Anprall von Pkw. Umfangreiche Tests mit Pkw hätten gezeigt, wie der Plankenrahmen Aufprallenergie abfängt und nicht mehr unterfahren werden kann. Schon jetzt greifen die Lkw-Hersteller einer neuen Richtlinie zum Frontunterfahrschutz vorweg, die ab Oktober 2001 für Neuzulassungen gelten soll: Den energieaufnehmenden Frontunterfahrschutz haben Renault, VW und MAN bereits erfolgreich getestet. "Mit den Herstellern frühzeitig abgestimmte verlässliche gesetzliche Rahmenbedingungen sind eine Seite der Medaille", so Gerhard Rieck von MAN. "Aber auch die Versicherungen sind aufgerufen, am gleichen Strang zu ziehen und die neuen, sichereren Modelle mit günstigeren Prämien zu belegen. Nur so werden sie von den Kunden auch akzeptiert und nachgefragt".
Forderungen an Politik und Industrie DEKRA werde sich verstärkt bei seinen Partnern aus den Regierungen, den Verwaltungen und der Industrie für die Weiterentwicklung von europaweit einheitlichen verbindlichen Sicherheitsvorschriften, aber auch die Berücksichtigung von Sicherheitskomponenten bei der Bestimmung des Gesamtgewichts einsetzen, kündigte Klemens Große-Vehne an. "Um die Technik, das Verkehrsaufkommen und die Unfallzahlen der verschiedenen Arten von Nutzfahrzeugen international eindeutig zu interpretieren, sind sachkundige und detaillierte Analysen erforderlich. Nur daraus lassen sich die richtigen Schlüsse ziehen", unterstrich Große-Vehne die Bedeutung des Austausches von Erfahrungen und Untersuchungsergebnissen auf dem DEKRA-Symposium. Martin Marmy, Generalsekretär der International Road Transport Union IRU aus Genf wies darauf hin, dass das Transportgewerbe zu Unrecht im Kreuzfeuer der Kritik steht. "Nutzfahrzeuge erbringen in den meisten Ländern eine Fahrleistung von 15 bis 20 Prozent. Mit einer Beteiligungsrate von unter zehn Prozent sind sie deutlich unterproportional am Unfallgeschehen mit Personenschäden beteiligt."
Die DEKRA Automobil GmbH ist mit rund 1,15 Milliarden DM der größte von acht eigenständigen und ergebnisverantwortlichen Geschäftsbereichen unter dem strategischen Dach der DEKRA AG, Stuttgart. Der DEKRA-Konzern ist ein europaweit tätiges Dienstleistungsunternehmen, das sich für Sicherheit und Qualität der Menschen im Umgang mit Technik, Umwelt und Mobilität engagiert. Die rund 40 Tochter- und Beteiligungsgesellschaften bieten qualifizierte Dienstleistungen wie Fahrzeugprüfungen, Gutachten, technische Sicherheit, Qualifizierung, Fleetservices, Full Service Leasing, Umweltdienste, Materialprüfung, Bauconsulting, Zertifizierung und Online-Services. Mit rund 16 Millionen Hauptuntersuchungen pro Jahr ist DEKRA auf dem Gebiet der Kfz-Prüfung die Nummer eins in Europa. DEKRA beschäftigt rund 7.500 Mitarbeiter, der Umsatz beträgt mehr als 1,5 Milliarden DM.
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