RNZ: Rhein-Neckar-Zeitung, Heidelberg, zu: Enteignung
Heidelberg (ots)
Auch in der Ökonomie gelten analog einige physikalische Gesetze: Extreme Übertreibungen in die eine Richtung ziehen extreme Pendelausschläge in die Gegenrichtung nach sich. Die Kehrseite des Casino-Kapitalismus, der die Welt an den Abgrund geführt hat, ist ein aus der Not geborenes Übermaß an Staatintervention. Und das Rettungsübernahmegesetz, eigentlich eine Lex Hypo, ist die bisher schärfte, aber nur scheinbar systemwidrige Waffe im Kampf gegen den Niedergang. Wer in der möglichen Enteignung der HRE-Aktionäre den ordnungspolitischen Sündenfall sieht, sollte das Grundgesetz konsultieren. Artikel 14 und 15 regeln den hässlichen Ausnahmefall im Interesse des Gemeinwohls, inklusive einer "gerechten" Entschädigung. Von einem Schnäppchen ist dort nicht die Rede. Den potentiellen Krisengewinnlern der Bank tritt diesmal kein Nachtwächterstaat entgegen, der sich aus Angst vor dem Wort "Enteignung" über den Tisch ziehen lässt. Sondern der Treuhänder von fast 100 Steuermilliarden. Er hat das Recht, die Geschäfte einer abgewirtschafteten, aber "systemrelevanten" Bank zu bestimmen, deren Börsenwert verfallen ist. Die Aktion bleibt auf den einen Fall begrenzt und befristet. Politisch entscheidend ist, dass der Ausstieg aus der erzwungenen Staatswirtschaft nach erfolgter Stabilisierung unstrittig bleibt.
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