RNZ: "Rechtsgefühl" - Rhein-Neckar-Zeitung (Heidelberg) zu Sicherungsverwahrung
Heidelberg (ots)
Von Sören Sgries
Juristisch ist das Urteil des Oberlandesgerichts eine glasklare Sache: Der Staat hat vier Männern zu Unrecht ihre Freiheit genommen, indem er sie auch nach Ablauf ihrer Strafe weiterhin einsperrte. Die gesetzliche Grundlage dafür war rechtswidrig - also muss eine Entschädigung gezahlt werden. Dennoch sagt das Bauchgefühl: Hier läuft etwas falsch. Der Staat sollte niemals dazu gezwungen sein, Vergewaltigern und Mördern Geld zahlen zu müssen, nur weil er unschuldige Bürger dauerhaft vor verurteilten Straftätern schützen wollte. Doch genau diese Gefühlslage zeigt, warum es so wichtig ist, dass es einen Rechtsstaat gibt, in dem Gerichte mit größter Akkuratesse urteilen und nicht der Volkszorn entscheidet. Recht und Gefühl liegen zu oft weit auseinander. Natürlich gibt es Fälle, in denen es schier unerträglich erscheint, welchen Aufwand der Staat betreiben muss, um Menschen zu schützen, die selbst auf niemanden Rücksicht genommen haben. Doch zugleich sind auch die Fälle bekannt, in denen Unschuldige (vor-)verurteilt oder Opfer von Justizirrtümern wurden. Ein Rechtsstaat schützt den Einzelnen eben nicht nur vor Vergewaltigern, sondern auch vor staatlichem Unrecht. Manchmal fühlt sich das falsch an. Aber immer ist es richtig und wichtig.
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