Kölner Stadt-Anzeiger: Staatsrechtler Scholz: Direktwahl des Bundespräsidenten wäre Bruch mit der geltenden Verfassungsordnung Politologe Korte: Popularitätsschub für die Demokratie
Köln (ots)
Köln - Der Staatsrechtler und frühere Verteidigungsminister Rupert Scholz hält die Überlegung von Bundespräsident Horst Köhler, das Staatsoberhaupt durch Direktwahl zu bestimmen, für unrealistisch und sieht in einem solchen Schritt einen Bruch mit der geltenden Verfassungsordnung. "Eine Direktwahl hätte zur Folge, dass das Amt des Bundespräsidenten neu definiert werden müsste", sagte Scholz dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag-Ausgabe). Es würde dadurch eine Reihe von "gravierenden Prob-lemen" aufgeworfen, "die das Amt in seiner heutigen Form konterkarieren" würden, so Scholz. So müsste der Kandidat bei einer Direktwahl "Werbung für das Amt betreiben, Versprechen abgeben, die nicht in seinen späteren Aufgabenbereich fallen. Er wäre gezwungen, politische Leitlinien aufzustellen, die einzig und allein dem Aufgabebereich der Bundesregierung zuzuordnen sind", erläuterte Scholz. Hingegen sieht der Politologe Karl-Rudolf Korte eine Direktwahl als Möglichkeit, die Demokratie zu stärken. "Neue Beteiligungsformate stoßen auf große Popularität", sagte der Wissenschaftler von der Uni Duisburg-Essen der Zeitung. Die "strikte Repräsentativ-Demokratie" in Deutsch-land sei "nicht mehr zeitgemäß". Ein direkt gewählter Bundespräsident könnte sich gegenüber der Regierung "als treibende Kraft, als Anwalt der Bürger ins Geschehen einbringen". Auch Korte betonte, dass eine Direktwahl des Bundespräsidenten mit erweiterten Kompetenzen für den Amtsinhaber verbunden sein müsste. Sonst "wäre es eine Luftnummer".
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