Kölner Stadt-Anzeiger: Zwei-Klassen-Medizin erstmals wissenschaftlich belegt Studie der Universität Köln: Kassenpatienten warten dreimal länger auf Facharzttermine als Privatversicherte Lauterbach: Nur die Spitze des Eisbergs
Köln (ots)
Kassenpatienten müssen im Durchschnitt dreimal so lange auf einen Termin beim Facharzt warten wie privat Krankenversicherte. Das berichtet der "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag-Ausgabe) unter Berufung auf eine Studie der Universität zu Köln. Diese belegt unterschiedliche Wartezeiten von bis zu einem Monat. "Wir können mit der Studie erstmals wissenschaftlich fundiert zeigen, was bisher nur vermutet werden konnte, von Ärzteseite aber abgestritten wird: dass Kassenpatienten sich bei der Terminvergabe in Facharztpraxen hinten anstellen müssen", sagte der kommissarische Leiter des Instituts für Gesundheitsökonomie und klinische Epidemiologie, Markus Lüngen, der Zeitung. Für die Untersuchung hatten wissenschaftliche Mitarbeiter des Instituts im Frühjahr 2006 insgesamt 189 niedergelassene Facharztpraxen im Raum Köln/ Bonn/Leverkusen kontaktiert. Telefonisch gaben sich die Tester entweder als Kassen- oder als Privatpatienten zu erkennen gaben und baten um eine von fünf ausgewählten Untersuchungen: einen Allergie- und Lungenfunktionstest, eine Augenuntersuchung (Pupillenerweiterung), eine Magenspiegelung, einen Hörtest oder eine Magnetresonanztomographie des Knies. Gezählt wurden die Werktage, die zwischen dem Anruf und dem vergebenen Termin lagen. Der größte Unterschied in absoluten Zahlen ergab sich für die Magenspiegelung, auf die Privatpatienten im Durchschnitt 11,9 Werktage, Kassenpatienten 36,7 Werktage warten mussten. Am geringsten fiel der Unterschied bei den Hörtests aus, die bei Kassenpatienten nach 6,8 Tagen durchgeführt wurden, während Privatversicherte bereits 2,2 Tage nach dem Telefonanruf in die Praxen gebeten wurden. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach äußerte die Vermutung, dass Privatpatienten neben einem früheren Termin auch eine bessere ärztliche Versorgung erhielten als Kassenpatienten. "Das ist nur die Spitze des Eisbergs eines Zwei-Klassen-Systems in der medizinischen Versorgung", sagte Lauterbach dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Zudem dürften die Unterschiede in der Terminvergabe in Regionen mit zu wenigen Fachärzten nach Lauterbachs Vermutung noch deutlicher ausfallen als in der Region Köln-Bonn-Leverkusen. Diese sei mit Arztpraxen der untersuchten Fachrichtungen überversorgt.
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