Kölner Stadt-Anzeiger: Missbrauchte Ex-Nonne fordert Verschärfung des Strafrechts - Doris Wagner: Sexuelle Beziehungen in der Seelsorge müssen bestraft werden
Köln (ots)
Die von einem Priester missbrauchte Ex-Ordensfrau und Buchautorin Frau Wagner ("Spiritueller Missbrauch") hat vor unmittelbar vor Beginn eines Anti-Missbrauchsgipfels im Vatikan eine Verschärfung des Strafrechts gefordert. Pastorale Beziehungen müssten genauso behandelt wie psychotherapeutische, sagte Wagner dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag-Ausgabe). "Es müsste klar sein, dass es in einem Seelsorge-Verhältnis keine sexuellen Beziehungen zwischen Seelsorgern, seien es Priester oder Laien, und Ratsuchenden oder Schutzbefohlenen geben darf. Selbst wenn diese eine solche sexuelle Beziehung für einvernehmlich halten sollten, verletzt sie das Berufsethos und müsste strafbewehrt sein", so Wagner. Als Konsequenz aus dem weltweiten Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche hält die 1983 geborene Theologin und Philosophin ein Konzil für geboten. "Das Ausmaß der Krise, das in der Kirche offensichtlich immer noch nicht verstanden ist, würde wahrlich ein Konzil erfordern." Der Skandal des Missbrauchs sei nur ein, wenn auch ein besonders schmerzliches Symptom der aktuellen Krise.
Scharf kritisierte Wagner, dass sich die Kirchenleitung wider besseres Wissen bisher nicht um den sexuellen Missbrauch erwachsener Frauen im Raum der Kirche gekümmert habe. Sie sprach von einer erdrückenden Faktenlage mit großer Dramatik. So hätten in einer US-Umfrage 30 Prozent der katholischen Ordensfrauen angegeben, Opfer sexueller Übergriffe durch Priester geworden zu sein. "Das alles ist in Rom längst bekannt, und schon deshalb erledigt sich alles Abwiegeln und Herunterspielen." Die Kirche weise Frauen - insbesondere Ordensfrauen - "strukturell und theologisch die Rolle zu, für andere verfügbar zu sein und ihre eigenen Bedürfnisse hintan zu stellen. Das ist das Einfallstor schlechthin für jede Form von Missbrauch." Hinzu komme eine überkommene Moral, die Menschen auch nicht ansatzweise zu einer selbstbestimmten Sexualität befähigen will, sondern sexuelle Bedürfnisse entweder tabuisiert oder die sexuelle Praxis in völlig überzogener Weise verklärt. Als wichtigsten Schritt in Richtung Veränderung müsse die Kirche "ihre Sexualitätsfixierung aufgeben" und damit aufhören, die Sexualität der Menschen zu sanktionieren.
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