Vertuschungsvorwurf gegen Kardinal Woelki
Opfer widerspricht dem Erzbischof - Kirchenrechtler Schüller: "Weiterer moralischer Tiefpunkt"- Ende des "Zeitspiels" gefordert
Köln (ots)
Im Fall des Missbrauchsvorwurfs gegen einen Düsseldorfer Priester, den Kardinal Rainer Woelki 2015 nicht nach Rom gemeldet hatte, gerät der Kölner Erzbischof weiter unter Druck. Wie der "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwoch-Ausgabe) berichtet, widerspricht der Betroffene Woelkis Darstellung, er habe an der Aufklärung nicht mitwirken wollen. Dies könne er "so nicht bestätigen", schreibt der Mann in einer E-Mail an den Düsseldorfer "Express". Er habe "detailliert über die Tat berichtet und habe gebeten, soweit wie möglich außen vor gelassen zu werden", heißt es in dem Text, der dem "Kölner Stadt-Anzeiger" vorliegt. "Eine generelle Verweigerung der Mithilfe hat aber nicht stattgefunden."
Das Erzbistum bestätigte auf Anfrage, dass der Betroffene sich auch bei Woelki gemeldet hat, nachdem der "Kölner Stadt-Anzeiger" in vorigen Woche über den Fall und Vertuschungsvorwürfe gegen Woelki berichtet hatte. Es habe Gespräche zwischen dem Kardinal und dem Betroffenen gegeben. Über die Inhalte wollte das Erzbistum keine Auskunft geben.
Die Zeitung berichtet unter Berufung auf mit dem gesamten Vorgang vertraute Personen, dass der Kardinal 2015 auf den vorgeschriebenen Wegen nichts unternommen haben soll, um die aktuelle Haltung des Opfers zu etwaigen Ermittlungen über den Missbrauch herauszufinden, der in den 1970er Jahren stattgefunden hatte. Woelki unterließ eine kanonische Voruntersuchung ebenso wie die Weiterleitung nach Rom. Kirchenrechtler werten das als Bruch päpstlicher Normen, wofür schlimmstenfalls die Absetzung durch den Papst droht. Erste Schritte für ein Verfahren gegen Woelki laufen. Dieser hat den Papst gebeten, die Vorwürfe zu prüfen.
Das Erzbistum teilte auf Anfrage weiter mit, "aktuelle Erkenntnisse" aus dem Gespräch des Betroffenen mit Woelki böten nun "eine Chance zu weiterer Aufklärung" . Diese werde pflichtgemäß genutzt.
Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller forderte das Erzbistum auf, die Akte zum Fall O. unverzüglich herauszugeben und die Inhalte offenzulegen. "Das Zeitspiel des Kardinals muss ein Ende haben", sagte der Theologe dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Dass für Woelkis Ausflüchte - gegen geltendes Recht und jede Form von Anstand - der Betroffene herhalten soll, ist ein weiterer moralischer Tiefpunkt. Was muss eigentlich noch passieren, bis der Erzbischof die Konsequenzen zieht?"
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